Die Entwicklung von E-Business-Lösungen für die Branche

 
1. Die Branche auf dem Prüfstand
Die Defizite in der Branche resultieren nicht nur aus dem Niedergang der Bauwirtschaft in der Bundesrepublik, auch nicht aus den politisch-wirtschaftlichen Wechselbädern, auch nicht aus der Subventionspolitik sondern im Wesentlichen aus der Struktur der Branche und den damit zusammenhängenden organisatorisch/technischen und marktwirtschaftlich/verkaufs-technischen Defiziten.
Eine Analyse der Firmenzusammenbrüche wird vordergründig immer mit Managementfehlern überschrieben, diese Erklärung mag beruhigend wirken, da man glaubt das bessere Konzept zu besitzen, aber es führt nicht zur notwendigen, selbstkritischen Einschätzung der eigenen Verhaltensweisen. Wenige Unternehmer haben die Zeichen der Zeit erkannt und die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Wichtig ist es, eine Vision zu haben, die Ressourcen zu kennen und konsequent das Ziel anzusteuern. Tödlich ist die Methode - rein in die Kartoffeln - raus aus den Kartoffeln und dabei das Wichtigste zu zerstören, nämlich die Personalressource.
Die technischen Gegebenheiten, um ein Fenster oder eine Tür zu produzieren, sind auch bei den Firmen des unteren industriellen Mittelstandes gegeben und die Frage nach der Automatisierung der Prozesse stellt sich aus Gründen der beschränkten Auslastung nicht. Die stark vertretene Ansicht, dass man alle Rahmenmaterialien in seinem Verkaufsprogramm haben muss, bläht die herkömmliche Organisation überproportional zur Bedeutung der Produkte auf und führt nicht selten zur Quersubventionierung.
Wie wir bereits mehrfach in der Vergangenheit auf die Zweckmäßigkeit von strategischen Allianzen, zur Abdeckung einer bundesweiten Präsenz mit allen Materialarten, hingewiesen haben, so wenig ernstzunehmende Versuche sind unternommen worden. Bei den heutigen Möglichkeiten der elektronischen Vernetzung mit Internet und Intranet wäre ein Verbund leistungsstarker Unternehmen (keine Gemischtwarenläden) eine Alternative zur Ist-Situation mit der Chance zur wirtschaftlichen Dominanz gegenüber dem Wettbewerb. Damit verbunden sind auch ausgeprägte Alleinstellungsmerkmale in Funktion, Design, Preis etc..
 
 

Bild 1: Verteilerstruktur und Präsenz der Allianz (Standorte sind rein zufällig)
 
 
Wenn man den Begriff "Supply Chain Management" (SCM) in seiner ursprünglichen Bedeutung betrachtet, so ist damit die Zusammenarbeit rechtlich unabhängiger Unternehmen gemeint, die, in der gemeinsamen Wertschöpfungskette, in der Produktion, Beschaffung und Prozess- und Produktinnovation zusammenarbeiten. Jedes Unternehmen ist dabei mit seinen Kernkompetenzen tätig und dafür verantwortlich. SCM ist die Koordination eines Logistiknetzwerks für Unternehmen, die strategisch und in die Zukunft gerichtet zusammenarbeiten. Voraussetzung für ein Gelingen sind fünf Dinge:

1.

Wahl der potentiellen Partner

2.

Vertrauen und prinzipielle rechtliche Verhältnisse

3.

Erarbeiten, wie man gemeinsam entwickelt, produziert, liefert und abrechnet

4.

Gemeinsames Planen und Durchführen der Aufträge

5.

Jeder Partner muss Gewinner sein.
 
2. Status quo des E-Business
Um den Status quo des E-Business zu beschreiben ist es zweckmäßig sich den deutschen Fenstermarkt in seiner ganzen Breite und Tiefe in einem Market-Flow-Diagramm vor Augen zu führen. Die Vertriebsstrukturen sind so vielfältig wie die Produkte, die Geschäftsarten und die Zielgruppen. Wenn man alle möglichen Verbindungen in diesem morphologischen Kasten ablauforganisatorisch darstellt, ergeben sich mehrere tausend Optionen.
 
 

Bild 2: Market-Flow-Diagramm
 
 
In den bisherigen Abläufen wird eine Anfrage per Brief oder E-Mail oder Fax an den Außendienst gesandt. Der Außendienst nimmt Kontakt mit dem Endkunden auf und erstellt nach Rücksprache mit dem Kunden eine Anfrage per E-Mail oder Fax an den Vertriebs-Innendienst des Bauelemente-Lieferanten. Diese Daten werden vom Innendienst in die Kalkulationssoftware eingegeben und ein Angebot für den Außendienst bzw. für den Kunden erstellt. Nach Prüfung dieses Angebots erfolgt eventuell der Zuschlag und damit die Auslösung eines Fertigungsauftrags. Dieser Fertigungsauftrag wird in den Puffer eingelastet und ergibt kostenstellenbezogen die summarische Belastung der Kostenstelle. Der Abgleich der Kostenstellenbelastung für die Einlastung des Auftrags ergibt die Fristen für die Auslieferung des Auftrags. Vorab, bzw. parallel dazu, erfolgt die Kalkulation für die Ausführung des Auftrags in DM und die Angabe des Lieferzeitpunkts. Das Ergebnis ist eine AB mit preislicher Detaillierung der Anfrage und die Lieferzeitpunktbestimmung. Die AB wird per Brief, Fax und in wenigen Fällen per E-Mail über den Außendienst oder direkt an den Kunden versandt.

Der gesamte Vorgang ist von einer Vielzahl von Medienbrüchen geprägt. Der Geschäfts-Prozess im Ist-Zustand ist von den E-Business-Methoden, wenn überhaupt, nur am Rande tangiert. Da in der Mehrzahl der Geschäftsprozesse eine Verbindung der branchenspezifischen Software (BSW) mit der Betriebswirtschaftlichen Software (ERP) nicht gegeben ist, resultieren aus der Vielzahl von Medienbrüchen große Kapazitätsverluste. Da in der Branche nicht auf Lager produziert wird, sondern jede Position kundenspezifisch abgewickelt wird, ist die Anzahl der Informationen immens und nicht mit einer Lagerfertigung vergleichbar. Eine Vernetzung zwischen den einzelnen Stationen des Geschäftsprozesses in Form von Intranet/Extranet* ist nicht gegeben. Die Defizite erstrecken sich von der Verschmelzung der Branchensoftware (BSW) mit der Betriebswirtschafts-Software (ERP) bis zum E-Commerce. Da Rom auch nicht an einem Tage gebaut wurde und erst Nachfrage zu entsprechenden Angeboten führt, ist erst jetzt der Zeitpunkt gekommen, um mit leistungsfähiger Soft- und Hardware der Nachfrage mit effizienten Lösungen gerecht zu werden.
 
 

 
 
3. Die Stufen auf der Erfolgsleiter
Da in der Branche eine All-Round-Software zur Abdeckung der gesamten Auftragsabwicklung, einschließlich der kommerziellen Anforderungen, nicht existiert, besteht

Die erste Stufe aus der Verschmelzung der Branchensoftware mit einer leistungsfähigen ERP-Software. Grundprinzip ist:
Alles aus einer Hand für das Gesamtkonzept. Eine Leistung - eine Verantwortung.
Ich glaube nicht betonen zu müssen, dass vorher eine Reihe von Hausaufgaben getan werden müssen um Schnittstellen zu bereinigen und Datenmengengerüste qualitativ und quantitativ zu überprüfen (siehe 3-Phasen-Konzept in Ausgabe 10/01).

Die zweite Stufe beinhaltet die Vernetzung der Mitarbeiter untereinander und mit einem eigenen Internetzugang. Damit können Informationen intern ausgetauscht werden (ohne Medienbrüche) und extern Informationen versandt und empfangen werden (Insel-Lösungen). Beispielsweise kann eine Reisekostenabrechnung vom Mitarbeiter direkt an die Reisekostenabrechnungsstelle gemailt werden, dort geprüft und die Kosten auf das Konto des Mitarbeiters überwiesen werden. Stufe eins und zwei sind für die Mitarbeiter Vorstufen für die dritte Stufe.

Die dritte Stufe umfasst die Ausweitung des Intranet auf die Außendienst-Mitarbeiter, Händler, Großkunden und Lieferanten, man spricht jetzt vom Extranet. In dieser Stufe wird der Vorgang der Auftragsabwicklung (Geschäftsprozess) so aussehen:

Der Händler gibt einen Auftrag per Internet mit vordefinierten Angaben an das Kunden-Auftrags-Zentrum ( durch die Vordefinition und mit Plausibilitätskontrolle werden die Aufträge fast fehlerfrei! Durch den Zugang zu “seiner” Software im Zentralserver ist er immer up-to-date und mit den aktuellsten Informationen versorgt).

Die Solvenzprüfung erfolgt automatisch.

Wenn keine Rückfragen auftreten, wird der Auftrag in die Auftragsbestandsliste eingestellt und der Liefertermin automatisch durch die Kapazitäts-Planung vorgeschlagen.
 
 

 
 
Die Auftragsbestätigung wird an den Kunden zurück gemailt. Parallel dazu erfolgt die Auflösung des Auftrags bis auf die Materialebene, es werden die Bestände gecheckt und Reservierungen vorgenommen bzw. bei Unterdeckung der Bestellauslösebestände werden automatisch Bestellvorschläge generiert und bei o.k. automatisch die Bestellung an den Lieferanten gemailt. Die Glasbestellung erfolgt auf gleichem Wege online zum Glaslieferanten.

Unter der Auftragsnummer hat der Kunde die Möglichkeit sich jederzeit über den Fertigungsstatus zu informieren.

Der Liefertermin der Tourenplanung bestimmt in der Rückwärtsterminierung die Reihenfolge des Zusammenbaus, damit der Liefertermin gehalten werden kann. Mit der Fertigmeldung durch den Versand wird die Rechnungsstellung in der Buchhaltung ausgelöst.

Bei einer derartigen Vernetzung der Prozesse steht die Sicherheit der Systeme im Vordergrund. Computerviren, Hacks, DoS-Angriffe und Break-In`s etc. sind durch entsprechende Gegenmaßnahmen wie Access Control, umfassende interne Sicherheitsrichtlinien und Firewalls mit IDS gegenüber Angriffen von außen zu schützen. Hier ist sparen falsch am Platz.

Eine so erreichte Professionalität macht das Unternehmen zum “Extended Enterprise” d.h., alle angeschlossenen Außenpositionen werden in den Gesamtprozess integriert und bringen entscheidende Vorteile im Wettbewerb:
 

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Schnelligkeit im Wertschöpfungsprozess,

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Die "Gläserne Fabrik",

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Optimierung der Kapitalbindung,

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Geringere Kosten für die Variablen Material und Lohn,

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Optimierung des Zeitmanagements durch Kapazitätsbetrachtungen,

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Kunden- und Mitarbeiter-Motivierung

Um dieses hochgesteckte Ziel zu erreichen, bedarf es jedoch einer strukturierten, wissensbasierten Zielsetzung, eines enormen Willens und einer wohlgefüllten Kriegskasse.

4. Für jeden etwas dabei?
Nicht alle Unternehmen der Branche werden den Schritt zum “Extended Enterprise” schaffen. Dazu ist die Gemengelage zu unterschiedlich und die Voraussetzungen sind zu different. Wenn man sich den Market-Flow der Branche betrachtet, so sind Produkte, Geschäftsarten, Vertriebsarten und Zielgruppen z.T. so spezifiziert, dass natürlich auch spezifizierte Lösungen dafür entwickelt werden müssen.
 

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Ein Produzent mit nur einem Kunden muss eine effiziente Produktion aufbauen und kann auf den Overhead weitgehend verzichten. Hier ist die maschinentechnische Ausrüstung und die Nutzung rund um die Uhr das Kriterium für Effizienz.
 

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Ein Produzent mit nur einem Rahmenmaterial und einer differenzierten Zielgruppe muss sich sowohl um eine effiziente Fertigungsorganisation als auch um seine Kunden bemühen und würde vom oben angeführten E-Business stark profitieren, da die varianten Möglichkeiten sich bei der Installation in Grenzen halten.
 

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Ein Produzent mit einem Gemischtwarenladen in der ganzen Breite der Produkte mit allen Geschäfts- und Vertriebsarten bei allen Zielgruppen sollte sich ernsthaft fragen, ob er den Anforderungen aufgrund der Informationsflut gerecht werden kann. Hier ist die Frage nach der Konzentration auf die Kernkompetenzen in den Vordergrund zu stellen und die Suche nach Allianzpartnern gefragt, um gemeinsam auf dem Markt zu agieren und zu überleben.
 
Antiquitäten sind das einzige Feld auf dem das Gestern noch Zukunft hat
 
 
Die Kurzfassung des oben abgehandelten Themas können Sie als Flyer beim Autor anfordern.
 


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Dipl.-Ing. Horst Arnold u. Dr. Ingo von Jacobi
Geschäftsführende Partner der
Arnold & Dr. von Jacobi
Unternehmensberatung GbR, Gerolsbach
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