Veränderungen im Fenstermarkt - überraschende Ergebnisse einer Marktstudie der GfK (11/04/2002)

 
Anläßlich der Rosenheimer Fenstertage hat Dr. Wolfgang Adlwarth die Ergebnisse einer Marktstudie der GfK Panel Services Consumer Research GmbH präsentiert. Befragt wurden in dieser Marktstudie Endkunden und Architekten.

Der Fenstermarkt in Deutschland kämpft mit Überkapazitäten und einem verschärften, einseitig auf den Preis ausgelegten Wettbewerb. Es steht zu befürchten, dass die Preisschraube dabei so weit gedreht wird, dass sie auch in wieder anziehenden Märkten nur schwerlich gelockert werden kann. Dabei hat sich gezeigt, das der Preis beileibe nicht der maßgebliche oder gar einzige Faktor ist, der beim Kaufentscheid für Fenster eine Rolle spielt.

Das Produkt Fenster, so die Studie, zeigt sich als absoluter Low-involvement-Artikel. Ist es z.B. der Sanitärindustrie in den letzten Jahren gelungen, das Badezimmer aus seinem Nasszellendasein zu befreien und zu einem emotional besetzten Wohlfühlraum umzupositionieren, so werden Fenster - obwohl fürs Wohnen von elementarster Bedeutung - vom Endkunden vielfach noch als Baumaterialien erlebt und behandelt. Für den Endkunden ist das Fenster von minderem Interesse, solange es seine Funktionen erfüllt. 90 % der Befragten bevorzugten daher Dreh-Kipp-Flügel, weil sie kaum etwas anderes kennen. Architekten finden zumindest Schiebe-Fenster noch von Interesse und wünschen sich innovative Lösungen.

Der Fenstermarkt, insbesondere im Wohnbau, weist einen klaren Trend zu Kunststofffenstern auf. So werden im Renovierungsbereich, der für ca. 60 % des Fenstermarktes steht, vier von fünf ausgetauschten Holzfenster durch Kunststofffenster ersetzt und nur 19 % verbleiben bei Ausgangsmaterial Holz. Die Gründe liegen darin, das die Endkunden mit ihrer grundsätzlichen Low-involvement-Haltung sich an den Grundnutzen oder Basiseigenschaften orientieren. Haltbarkeit, Witterungsbeständigkeit, geringer Pflege- und Wartungsaufwand sind die Basiseigenschaften, die der Endkunde vom Fenster erwartet. Diese Eigenschaften werden eher dem Kunststofffenster zugeschrieben. Ein weiterer Grund für die Substitution von Holz- durch Kunststofffenstern ist vor allem noch bei den Architekten im Preisunterschied zu sehen.

Das geringe Interesse am Produkt Fenster äußert sich auch im Stellenwert bei der Renovierung. Sowohl beim tatsächlichen Renovierungsverhalten als auch bei der Planung von Renovierungsmaßnahmen sind die Fenster nur auf Platz 15 zu finden, ein Rang vor der Renovierungsmaßnahme Heizkörper streichen. Nur 770.000 Haushalte planen in den nächsten sechs Monaten den Tausch der Fenster, wovon 50 % dies sicher tun wollen, und 25 % "wahrscheinlich". Dies sei das Potenzial an Käufern für die nächste Zeit, so Dr. Adlwarth.

Laut Studie zählen zu den gewünschten Zusatzfunktionen neben dem erhöhtem Einbruchschutz und dem Sonnenschutz die Selbstreinigung bei Neubau und der erhöhte Schallschutz bei der Renovierung. Elektrisches Öffnen und Schließen der Fenster sowie integrierte Klimaanlagen zur Belüftung sind kaum von Interesse.

Holzfenster sind eher dort gefragt, wo der Endkunde einen Zusatznutzen erwartet, der sich beim Holzfenster in den Aspekten Ästhetik, des Designs und der Gestaltungsmöglichkeiten wie im Wohnklima und Wellnessaspekten widerspiegelt. Dies biete zwar den Fensterherstellern mögliche Ansätze für ein Verkaufsgespräch, es sei jedoch sehr schwierig, mit Zusatznutzen zu werben, wenn dem Produkt der Grundnutzen abgesprochen wird. Ein weitere Ansatz, das Abzielen auf Umweltaspekte der Holzfenster, können nur bei einem Teil der Kunden zum Erfolg führen, da das Umweltbewusstsein seit Jahren sinke. Für eine Kerngruppe von etwa 25 % der Haushalte, ist dieser Umweltaspekt allerdings kaufentscheidend.

Holzfenster decken damit eher den gehobenen Bedarf, haben aber mit Defiziten im Basisqualitätsimage zu kämpfen. Ein Produktangebot, das Basis- und Zusatznutzen zusammenführt, sind Holz-Alu-Fenster, die dementsprechend einer kaufkräftigeren und gehobenen Zielgruppe Premiumqualität in allen Dimensionen versprechen. Nur 30 % der Befragten gaben an, diese Fensterart zu kennen.

Generell ist es aber so, dass die Bedeutung des Anschaffungspreises des Fensters für die letztendliche Kaufentscheidung wohl überschätzt wird. So liegt die Wahl eines Kunststofffensters keineswegs darin begründet, dass Holzfenster als zu teuer angesehen werden, sondern vielmehr in der Erfüllung der Erwartungen an den Basisnutzen. Holz-Alu-Käufer erwerben ihr Produkt im vollen Bewusstsein eines durchaus teureren Vergnügens, es wird dann aber eben auch Vergnügen im Sinne von Ästhetik, Wohlbefinden und Wohnkultur empfunden. Ganz generell lässt dieser Befund den Schluss zu, dass am Fenstermarkt durchaus, zumindest in substantiellen Zielgruppen, eine Preisbereitschaft nach oben vorhanden ist.