Trotz der Hochwasserkatastrophe bisher keine Auftragsflut am Fenstermarkt - Konjunkturflaute senkt Nachfrage um bis zu 690.000 Stück bis 2004 (09/02/2002)

 
Der Markt für Fenster ist in Österreich und Deutschland seit 1997 rückläufig, jedes Jahr sinkt die Zahl der in diesen Märkten abgesetzten Fenster, der deutsche Markt hat allein in den letzten zwei Jahren über 27% an Menge verloren. Als Hauptgründe für diese negative Entwicklung sind im Neubaubereich vor allem die sinkende Nachfrage nach neuen Wohnungen sowie die budgetbedingte Zurückhaltung der öffentlichen Hand in beiden Ländern zu sehen.

Etwaige Hoffnungen auf eine spürbare Marktbelebung durch den Wiederaufbaubedarf in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten dürften sich wohl nicht erfüllen. Der Neubaubereich reagiert sehr träge auf kurzfristige Marktveränderungen. “Gebaut wird jetzt, was vor zwei bis drei Jahren genehmigt worden ist”, erklärt der Fenstermarktexperte der InterConnection Consulting Group, Ing. Martin Bergant. Bis sich also der Wiederaufbaubedarf in den überschwemmten Gebieten in messbaren Wachstumspotential für die Industrie umwandelt – in Österreich geht man aktuell von ca. 10.000 beschädigten Häusern aus, davon 2.000 “schwerst”, die abgerissen und neuaufgebaut werden müssen – wird wohl noch einige Zeit vergehen. Erschwerend kommt hinzu, dass in einigen Ländern bereits Bestrebungen im Gange sind, die Bebauung in hochwassergefährdeten Gebieten einzudämmen und teilweise sogar bereits erteilte Baugenehmigungen zu widerrufen sowie Bauland durch Rückwidmungen wieder in Grünland zu verwandeln. Allgemein ist zu erwarten, dass bei der Erteilung von Baugenehmigungen in Zukunft noch restriktiver vorgegangen wird, wodurch sich Verfahrensdauer weiter erhöhen wird – kein erfreulicher Punkt für den in beiden Ländern lahmenden Hochbau. Als Sonderfaktor stehen in Deutschland noch zusätzlich viele großen Städte vor dem finanziellen Kollaps: Als Folge der Steuerreform in Deutschland, bei der der Bund seinen Anteil an der Gewerbesteuer zu Lasten der Länder deutlich erhöht hat, verlieren viele Städte wichtige Einnahmen und können ihre Budgets nicht mehr wie geplant einhalten, vor diesem Problem stehen unter andern München, Frankfurt, Bremen, Hamburg und das chronisch verschuldete Berlin. In München musste im Juli 2002 sogar erstmals eine Haushaltssperre erlassen werden, im Zuge derer sämtliche neuen Bauprojekte gestrichen wurden.

Das Renovierungssegment reagiert im Gegensatz zum Neubau wesentlicher schneller auf externe Ereignisse, hier wird in den nächsten Tagen und Wochen noch das eine oder andere zusätzliche Fenster über den Ladentisch gehen, allerdings wird diese Entwicklung nicht allzu lange anhalten – was bis zum Einbruch des Winters nicht renoviert ist, wird wohl kaum dringend gebraucht werden. Wesentlich mehr Bedeutung für die Entwicklung des Renovationsmarktes – der in Deutschland und Österreich schon rund 52 bzw. 57% des Fenstergesamtmarktes ausmacht – haben die Konjunkturlage, die Einkommensentwicklung der privaten Haushalte sowie die Schaffung von steuerlichen Anreizen durch den Gesetzgeber, und in allen diesen drei Bereichen schaut es momentan für Deutschland und Österreich nicht sehr rosig aus.

Die Konjunkturprognosen für den deutschen Sprachraum werden laufend nach unten revidiert, ging man Mitte des Jahres noch von einem realen Wirtschaftswachstum für Österreich von 2,8% für das Jahr 2003 aus, so wurde diese Prognose mittlerweile vom WIFO auf 2% im “günstigsten” Szenario revidiert – in Deutschland ist die Situation nicht anders, hier werden für 2003 gerade einmal noch 0,5% Wirtschaftswachstum erwartet. Auch wenn einzelne Analysten einen “Konjunkturimpuls” durch die Wiederaufbauarbeiten von max. 0,5% des BIP erwarten, bleibt unter dem Schnitt immer noch weniger übrig als ursprünglich prognostiziert. Auch die in beiden Ländern verschobenen Steuerreformen, die das reale Einkommen der privaten Haushalte massiv entlasten hätte sollen, wird negativen Einfluss auf die Renovierungsinvestitionen der Ein- und Zweifamilienhausbesitzer haben. Das bei der jetzigen Budgetlage die Staaten massive Anreize für die Sanierung von Gebäuden liefern werden – wie etwa die oft geforderte Senkung der Mehrwertssteuersätze auf Renovierungsarbeiten, wie sie in Frankreich erfolgreich praktiziert wird – glaubt so und so niemand mehr. In Summe rechnet InterConnection mit einem zusätzlichen, konjunkturbedingten Mengenrückgang am Fenstermarkt von etwa 3-4% bis 2004 in Österreich und Deutschland (ca. 690.000 Fenster), vorausgesetzt natürlich die ohnehin schon gedämpften Konjunkturprognosen müssen nicht noch einmal massiv nach unten korrigiert werden.