Jahreskongress Fenster und Fassaden in Berlin (05/06/2002)

 
Deregulierung, Verstetigung der öffentlichen Baunachfrage, Senkung der Lohnnebenkosten, strikte Anwendung der VOB und Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für energetische Fenstersanierung - fünf zentrale Forderungen an die Politik standen im Zentrum der Eröffnungsrede von Franz Hauk zum Jahreskongress des Verbandes der Fenster- und Fassadenhersteller in Berlin am 26. April. Vor über 180 Teilnehmern richtete sich der Verbandspräsident mit diesem Forderungskatalog direkt an die in der Hauptstadt Regierenden. Vorträge zur Zukunft des deutschen Wohnungsbaus und zur volkswirtschaftlichen Gesamtlage bildeten weitere Höhepunkte der zweitägigen Tagung, auf der erstmals der mit 50.000 Euro dotierte Internationalen Fensterpreis verliehen wurde. Die Auszeichnung ging an den niederländischen Umweltminister Johann Pieter Pronk.

Die Nähe zu den Schaltzentralen der deutschen Politik war Anlass für die Grundsatzrede von Franz Hauk. Vor dem Hintergrund, dass es der Fensterbranche wie der gesamten Baubranche nun schon seit 1995 Jahr für Jahr schlechter geht, rückte der Verbandspräsident die Erwartungen der Branche an die Politik ins Zentrum seiner Eröffnungsrede. Neben der Abschaffung überflüssiger und veralteter Regelungen zählte er dazu auch eine Verstetigung der öffentlichen Nachfrage nach Bauleistungen, um den Verfall öffentlicher Gebäude zu stoppen: "Die regelmäßige Wartung und Instandhaltung gehört zu den Aufgaben der Grundversorgung, die nicht von Haushaltsschwankungen betroffen sein darf. Mangelnde Instandhaltung ist fahrlässig, der Schaden unterlassener Wartungsarbeiten ist immens," verdeutlichte Hauk seine Position. Aber auch die viel zu hohen Lohnnebenkosten, die den gedeihlichen Boden für den immensen Anteil der Schwarzarbeit bilden, nahm er ebenso ins Visier, wie er die strikte Anwendung der VOB forderte. Mit der Forderung nach der Halbierung der Mehrwertsteuer für energetische Fenstersanierung zeigte Hauk sich einig mit der Brancheninitiative fenstermarkt-plus.de, die auf der Verbandstagung mittels einer aufwendigen wissenschaftlichen Prognosestudie aufzeigte, dass es bei einer Umsetzung dieser Forderung von 2003 bis 2012 nur Gewinner gibt: Arbeitsmarkt und Branche zählen ebenso dazu wie die öffentlichen Kassen und vor allem der Klimaschutz, zu dem die Bundesrepublik sich vertraglich verpflichtet hat. Denn die mit dem verstärkten Fenstertausch verbundene Reduzierung der Emission des Treibhausgases CO2 schließt die noch bestehende Lücke in der vertraglich zugesagten Minderung des Ausstoßes an Treibhausgasen. Das Engagement der Branche in Sachen Klimaschutz kam auch in der feierlichen Verleihung des Internationalen Fensterpreises an den niederländischen Umweltminister Johann Pieter Pronk zum Ausdruck. Ist es doch wesentlich Pronks Verdienst, dass die Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll noch einen erfolgreichen Abschluss fanden. Aufgrund einer Krisensitzung des Kabinetts der niederländischen Regierung musste Pronk sich bei der Preisverleihung durch den niederländischen Botschafter vertreten lassen.

Besonderes Interesse fand bei den Teilnehmern ein Vortrag des Wohnungsbauexperten Harald Simons vom Institut Empirica aus Bonn und Berlin. Simons konnte nachweisen, dass in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des Bevölkerungsrückgangs eine Menge von Leerstand im Geschosswohnungsbau zu erwarten ist - eine Entwicklung, die schon jetzt im Osten Deutschlands zu beobachten ist. Doch beruhigte er mit der Formel "keine Angst vor Leerständen", denn aufgrund der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung wird noch über längere Zeit mit einem ordentlichen Bauvolumen im Einfamilienhaus-Bereich zu rechnen sein. Die allgemeinen konjunkturellen und volkswirtschaftlichen Tendenzen der nächsten Zeit waren das Thema von Rainer Veit von der Deutsche Bank Research. Gegen allzu optimistische Interpretationen setzte Veit, fundiert durch eine Menge Indizien und Aspekte, einen skeptischen Blick in die Zukunft, die uns im besten Fall eine Stagnation auf hohem Niveau verheißt.

Weitere Schwerpunkte der Tagung waren die Berichte aus den Verbandsausschüssen zu den Themen Weiterbildung, Europa und Technik. Insbesondere die bevorstehende Einführung europäischer Produktnormen steht im Zentrum des Brancheninteresses. Die RAL-Gütegemeinschaften Fenster und Haustüren, die im Rahmen des Kongresses ebenfalls ihre Jahresversammlung abhielten, sehen sich vor allem herausgefordert, ein europäisches Qualitätszeichen zu entwickeln, dass die hohen deutsche Standards beibehält.

Den Abschluss des Branchentreffs bildete eine Stadtrundfahrt zu herausragenden Neubauten in Berlin seit dem Mauerfall - vom Auswärtigen Amt über Botschaftsgebäude bis zur Neubebauung des Potsdamer Platzes. Nicht ohne Stolz konnte die Branche ihre eigenen Beiträge in Form hochmoderner Fenster und Fassaden besichtigen.
Die Beiträge des Jahreskongresses werden demnächst auf CD-ROM veröffentlicht. Als Termin für den nächsten Jahreskongress notierten sich die Teilnehmer die Tage vom 8. bis 10. Mai 2003.



Nähere Informationen:

Verband der Fenster- und Fassadenhersteller e.V.,
Achtung! Neue Adresse ab 01.04.2002:
Walter-Kolb-Straße 1-7, 60594 Frankfurt/M., Tel.: 069-95 50 54 0, im Internet unter: www.window.de