Manor Biel - Glas-Architektur für ein Warenhaus (09/30/2009 07:00:00 AM)

Ein Warenhaus wirbt mit Schaufenstern und durch Präsentation.
Der neue Bieler Manor schafft das spielend leicht – mit Fassaden aus Glas.
Bereits 1999 fiel die Entscheidung der Bauherrschaft Manor AG Basel an zentraler Lage ein neues Warenhaus zu bauen. Als ideal erwies sich schließlich der Standort unmittelbar hinter dem Centre Rochat und dem CS-Gebäude, die beide am Zentralplatz liegen. Durch den Rückbau von Bauten ergab sich eine dreiseitig von Straßen begrenzte, wieder überbaubare Fläche von 3.600 Quadratmetern.

Die Bauordnung gab eine Blockrandüberbauung vor. Das aus einem Studienwettbewerb mit fünf Teilnehmern hervorgegangene und von Herbst 2005 bis 2008 realisierte Projekt zeigt überirdisch, entlang der Strassen, bis zu sechsgeschossige Randbauten. Der Komplex weist insgesamt zehn Geschosse auf, wovon sechs auf voller Fläche konzipiert sind (vier Untergeschosse, Erdgeschoss plus ein Obergeschoss). Das erste Untergeschoss enthält den Foodbereich von Manor, in den anderen drei sind Parkflächen mit 200 Plätzen verfügbar. Erdgeschoss, erstes und zweites Obergeschoss bieten Platz für das „klassische“ Warenhausangebot. Drittes bis fünftes Obergeschoss dienen der Büro- und Wohnnutzung (Drei- und Fünfzimmerwohnungen) und bieten Sicht auf einen Innenhof.

Zur Architektur
Die Bauherrschaft wünschte eine starke Transparenz sowie unverkennbare Präsentation von Manor – sowohl von außen als auch von innen her und deshalb ein Haus „mit viel Glas“. Die Schaufenster und Fensterflächen sollten möglichst groß sein. Die architektonische Umsetzung dieser Forderungen geschieht mit großflächigen Gläsern, anderseits dem „Spiel mit Dimensionen“, das sich in der - gegen oben - zunehmend kleineren Teiligkeit der Verglasung sowie den abnehmenden




Manor Biel: Moderne Verglasungs-Architektur aus Verbund-Elementen, abnehmende Geschosshöhen, zunehmende Teiligkeit gegen oben, kubische Einschnitte als Reaktion auf das Gebäudeumfeld.
Fotoquelle: Hannes Henz, Zürich
Geschosshöhen zeigt. Architektonische Kontraste an den unterschiedlich hoch abschließenden Randbauten setzen zudem kubische Einschnitte, die als Reaktion auf niedrigere Gebäude im Umfeld zu verstehen sind sowie opake, mit Aluminium bekleidete Fassadenteile.

Energieeffizienz
Manor profitiert von einem effizienten Energiekonzept und kommt ohne fossile Brennstoffe aus. Der Gebäudekomplex steht im Grundwasser, das – je nach Bedarf und mit Hilfe moderner Haustechnik - zum Heizen und Kühlen genutzt wird. Die Abwärme aus den Läden – von Beleuchtung und Personen – ist durch Wärmrückgewinnung wieder nutzbar. In Verbindung mit der dichten Bauhülle und dem kompakten Volumen ergibt sich ein Energieüberschuss: nur rund zwei Monate wird geheizt, in der restlichen Zeit gekühlt.
 

Element-Detail, oben: Scharnierkonstruktion zur Flügel-Öffnung, Lasche zum Heben sowie als seitliche Stabilisierung für das obere Element (Prototyp im Werk)
Fotoquelle: Reynaers AG, Frauenfeld/CH
Moderne Element-Verbundfassade
Die Elementbauweise oder werkseitige Vorfertigung wird beim modernen Bauen sehr häufig und erfolgreich eingesetzt - auch im Fassadenbau. Dies bietet, beispielsweise im Vergleich zu den vor Ort montierten Pfosten-Riegelkonstruktionen, diverse Vorteile:

• Die trockene, wetterunabhängige Produktion von Bauteilen bei gleichbleibenden Atelierbedingungen (Temperatur, Feuchte etc.)

• Bequemes Einsetzen und Montieren von Bauteilen – in diesem Fall beispielsweise von schweren, großen Scheiben - bei idealen Arbeits- und Sicherheitsbedingungen

• Die Qualitätssicherung ist „inhouse“ im Trockenen durchführbar.

• Wirtschaftlichkeit: die Elementbauweise ermöglicht eine rasche und gerüstlose Montage von Fassadenkonstruktionen mit Hebemitteln und so relativ kurze Bauzeiten. Der dichte Verschluss von Fassadenflächen und Geschossen geschieht unmittelbar. Es ergeben sich trockene Verhältnisse für den Innenausbau. Zudem ist dieser unabhängig vom Fassadenbau durchführbar.
 
Fassadentechnik
Als tragendes Gerüst zur Aufhängung der Fassade dient eine Stahlbeton-Flachdeckenkonstruktion. Diese ist an den Deckenrändern mit unterschiedlich hoch angesetzten Unterzügen verstärkt und wird durch breite, wandartige Pfeiler gestützt. Erwähnenswert sind die auskragenden, stützenfrei konzipierten Gebäude-Ecken. Sich dort einstellende Deckendurchbiegungen wegen der Fassadenlasten werden durch eine entsprechend konstruktive Deckenüberhöhung neutralisiert.

Bei der eingesetzten Fassadenkonstruktion handelt es sich um eine hinterlüftete Element-Verbundfassade, beziehungsweise um eine objektbezogene Weiterentwicklung des bewährten Fenster- und Türsystems CS 86 HI (hoch isolierend) von Reynaers. Das geschosshohe Verbundelement zeigt im Schnitt eine äußere und eine innere Schale, beziehungsweise eine Vor- und Innen-verglasung sowie eine dazwischen liegende, 170 mm tiefe Entlüftungszone, in welcher der im Element integrierte Sonnenschutz positioniert ist.

Dieser wird über ein Leitsystem gesteuert und besteht aus einem lichtdurchlässigen Gewebe-Screen. Der durch die Vorgläser „verdeckte“ Sonnenschutz ist gegen Wind und Nässe bestens geschützt und die architektonische Wirkung der Glashaut bleibt so unbehindert. Die hinterlüftbare Zone wird über horizontal durchlaufende Schlitze am Dachrand entlüftet. Überhitzungen und Kondensatbildungen werden so verhindert.

Exklusive Glasfassade mit besonderer Tiefenwirkung.

Einhängesystem (Prototyp)
Fotoquelle: Reynaers AG, Frauenfeld/CH


Gerüstlose, rasche Montage
Fotoquelle: Hartmann & Co AG, Biel/CH
Die Vorverglasung des Elements ist als Drehflügel konzipiert, was - unabhängig vom Warenhausbetrieb – eine Reinigung und Wartung von außen her ermöglicht. Die innere Elementschale (zweifachverglast) schließt über dem Glas im Deckensturzbereich mit einer Panelkonstruktion ab. Diese zweischalige, bauphysikalische optimale Verbund-Konstruktion zeichnet sich unter anderem durch folgende Vorteile und Exklusivitäten aus: Stöße der äußeren Elementschale sind in ihrer Höhenlage gegenüber den Stößen der inneren Schale versetzt angeordnet. Der dichte Horizontalstoß der Elemente ist von innen (Stoß auf Deckenoberkanthöhe), beziehungsweise von außen (Stoß im Deckensturzbereich) bei der Montage und später auch bei Wartungen überprüfbar.

Das Öffnen der Flügel geschieht über verdeckt eingebaute Spezialbänder, das Ent- und Verriegeln mit einem Mehrfachverschluss (Schubgestänge und Verschlussbolzen). Ein Auflagekeil am Fuß der Innenschale dient dazu, die schweren Serviceflügel nach einem Öffnen wieder in die sichere Verschlussposition zu bringen. Zur Bekleidung von Vollwandbereichen – beispielsweise mit opaken Vorgläsern oder mit Blech - ist das äußere Schalensystem auch allein und damit unabhängig einsetzbar.

Die maximal bis 2.0 m breiten, bis 4.5 m hohen und 250 mm tiefen Elemente werden über Stahl-Einhängesysteme am Deckenrand gehalten (zwei Fixationspunkte am oberen Alu-Rahmenriegel des Elementes). Die Aufhängung besteht aus einem präzise eingemessenen, im Deckenbeton verankerten, rund 30 cm langen L-Profil aus Stahl sowie Einem CNS-Einhängeteil am Element. Zwei oben, je seitlich an der Innenschale gesetzte Stahl-Laschen „greifen“ vertikal in das obere Element ein, und halten es stabil. Aus den zusammengefügten Verbundelementen entsteht am Ende eine exklusive Glasfassade mit besonderer Tiefenwirkung.

Bewährte Logistik, rasche Montage
Sämtliche Profile, Dichtungen und Beschläge wurden vom Systemanbieter Reynaers zur werkseitigen Element-Produktion angeliefert. Der Transport der Elemente zur Baustelle passierte in rund 80 Fahrten per LKW und der Element-Ablad vor Ort mit Baukran. Die einzelnen Elemente wurden nachher mit dem Glasboy gedreht und in Stellposition gebracht. Abschließend erfolgte der Einbau an der Fassade - wieder mit Kran, wobei die Elemente an den Stahl-Laschen hochgehoben und schließlich definitiv gesetzt wurden. Auf diese Weise waren täglich bis 18 Elemente einbaubar.

Justierschrauben - als Teil der Unterkonstruktion - gestatteten die genaue Höhenpositionierung der Elemente und das Nivellieren von Abweichungen bis 6 mm. Die Montage der je nach Dimension etwa 400 bis 800 Kilogramm schweren Elemente geschah geschossweise von unten nach oben.

Auch beim Bau der Manor-Fassaden erwies sich die Elementbauweise als wirtschaftlich und profitabel. Insgesamt 510 vorgefertigte Verbund-Elemente wurden in nur fünf Monaten zügig versetzt. Nach rund dreieinvierteljähriger Bauzeit eröffnete Manor Ende Oktober 2008 das neue Warenhaus.

   

Vertikalschnitt                             Horizontalschnitt
Fotoquelle: Reynaers AG, Frauenfeld/CH


Bautafel (Fassadenbau)
Bauherrschaft:
    Manor AG, Basel
Architekt:
Architektenteam Manor Biel:
    - Gebert Architekten GmbH, Biel
    - Strässler + Storck Architekten, Biel

Fassadenplaner:
    Prometplan AG, rügg b. Biel

Ausführung:
    Hartmann & Co. AG, Biel

Fassadensystem:
    Reynaers AG, Frauenfeld

Objektdaten
    Grundstückfläche: 3600 m2
    SIA-Volumen: 85`000 m3
    Gesamtnutzfläche: 14`000 m2
    Baukosten: 50 Mio. Fr.
    Bauzeit Fassaden: Januar bis Mai 2008 (Hauptfassaden)
    Eröffnung: Ende Oktober 2008

Verbund-Element
    - Fenster- und Türsystem Reynaers CS 86 HI(hoch isolierend)
    - Spezifische Weiterentwicklung als Objektlösung
    - Einbau im 1. bis 5. OG, total 510 Elemente
Innenschale:
    - Zweifach-Isolierglas (TVG 6 mm, LZR 18 mm, VSG 12/2 mm) transparent,
    u-Wert = 1.1 W/m2K, g-Wert = 57%, Rw = 44 dB
    - Rahmenkonstruktion (Aluminium), u-Wert = 1.8 W/m2K
    - u-Wert (Rahmen mit Verglasung) = 1.3 W/m2K

Hinterlüfteter Bereich (Tiefe 170 mm)
    - Sonnenschutz (Gewebe-Screen, lichtdurchlässig), Antrieb motorisiert, zentral gesteuert

Aussenschale/ Flügel:
    - Flügelverglasung: ESG 12 mm, transparent
    - Flügelrahmen (Aluminium)

Beschichtung:
    Sichtbare Aluminium-Teile anodisiert, in Colinal schwarz

Elementdimensionen:
    - Breite min. 1 m, max. 2 m
    - Höhe min. 3 m, max. 4.5 m
    - Bautiefe 250 mm


Weitere Informationen
Reynaers GmbH
Aluminium Systeme
Franzstraße 25
45968 Gladbeck
Tel.: +49 (0) 2043 96400
Fax +49 (0) 2043 964010
info@reynaers.com
www.reynaers.com

Quelle: Ruhrland DW