Unbefriedigende Beratung für eine prima Idee: Bausparen (01/28/2015 07:00:00 AM)

Stiftung Warentest vergibt vier „mangelhaft“ und nur drei „gut“ für Beratung von Bausparkassen / Tester empfehlen Bausparen weiterhin für alle Verbraucher, die mittel- bis langfristig eine Immobilie bauen, kaufen oder sanieren möchten / „Elf goldene Regeln“

Gravierende Beratungsfehler und Angebote, die Testkunden viele tausend Euro gekostet oder den Einzug ins Eigenheim um viele Jahre verzögert hätten: Den bundesweit zwanzig Bausparkassen attestiert die Stiftung Warentest in ihrem jüngsten Praxistest teils niederschmetternde Beratungsleistungen. Über die Note „befriedigend“ oder „ausreichend“ kamen die meisten Bausparkassen nicht hinaus. Vier erhielten sogar „mangelhaft“. Lediglich an drei Bausparkassen vergaben die Tester die Note „gut“. Gleichzeitig betont die Stiftung Warentest aber in ihrer aktuellen „Finanztest“-Ausgabe (2/2015): „So durchwachsen unser Test auch ausgefallen ist – Bausparen an sich ist und bleibt eine prima Idee für Sparer, die in Zukunft eine Immobilien bauen oder kaufen wollen.“

Aufgeblähte Bausparsummen und zu hohe Raten
Stiftung Warentest nahm die Beratungskompetenz der Bausparkassen mit einer vergleichsweise einfachen Fallkonstellation unter die Lupe: Die Testkunden verfügten über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.200 Euro und Ersparnisse von 15.000 Euro auf einem Tagesgeldkonto. Monatlich waren sie in der Lage, 400 Euro zu sparen und wollten in zehn Jahren eine Immobilie finanzieren.
 
 


Dr. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei der Stiftung Warentest, zeigt sich überrascht von den „in vielen Fällen ausgesprochen schwachen Leistungen der Bausparkassen“. In der Auswertung der 140 eingeholten Angebote (sieben je Bausparkasse) bemängeln Brackemann und seine Kollegen vor allem, dass die meisten Angebote nicht auf die individuellen Vorgaben der Kunden abgestimmt waren. Die Bausparsumme haben einige Berater so aufgebläht, dass die Kunden das Geld erst in 15 oder 20 Jahren erhalten hätten. „Mal war das Bauspardarlehen im Verhältnis zur Sparleistung viel zu klein, mal die Kreditrate erdrückend hoch.“ Dabei sollten die Angebote möglichst preisgünstig sein. „Unsere Messlatte waren die Kosten, die sich ergeben, wenn der Kunde sein Geld alternativ in einen Banksparplan zu 1,5 Prozent Zinsen investiert und nach 10 Jahren einen Kredit zu einem Zinssatz von 5,25 Prozent aufnimmt“, erläutert Brackemann die Testanforderungen und ergänzt: „Die Möglichkeiten der Riester-Förderung sollten berücksichtigt werden und der Kunde sollte über das Angebot nachvollziehbar informiert werden, so dass er verschiedene Angebote miteinander vergleichen kann.“

Denn ganz grundsätzlich, so Brackemann weiter, „bleibt Bausparen eine Empfehlung für alle Verbraucher, die mittel- bis langfristig eine Immobilie bauen, erwerben oder sanieren möchten.“ Dafür spricht auch, dass das beste Angebot im Test rund 5.000 Euro günstiger war als die alternative Banklösung der Stiftung Warentest. Sinnvoll sei in vielen Fällen „eine Kombination aus einem Riester-Bausparvertrag mit einem ´normalen´ Bausparvertrag.“ Nur bei sehr niedrigen Bausparsummen könne auch nur ein Riester-Bausparvertrag ausreichend sein.

Verbraucher sollten „Elf goldene Regeln“ kennen
Der Verband der Privaten Bausparkassen hat bereits angekündigt, man werde die Testergebnisse genauer analysieren. Auf Verbandsebene will man zudem den Fokus noch stärker auf Verbraucherinformation richten. „Wenn der Kunde über die Möglichkeiten und Vorteile des Bausparens gut informiert ist, kann er die Aussagen und Empfehlungen eines Kundenberaters im Gespräch besser einschätzen und gezielt hinterfragen“, erklärt Verbandssprecher Alexander Nothaft und verweist auf „Elf goldenen Regeln“, die der Verband für die Verbraucher bereits zusammengestellt hat. „Auf diese elf Fragen sollte der Bausparinteressent nach dem Beratungsgespräch eine Antwort haben“, betont er und ergänzt: „Und zwar unabhängig davon, ob er die eigenen vier Wände kaufen oder bauen, sie ausbauen oder modernisieren oder ob er mit staatlicher Förderung Vermögen bilden will!“

1. Welcher Tarif ist für meine Wünsche und Ziele richtig?
2. Welche Bausparsumme brauche ich für mein Vorhaben?
3. Wie verhält es sich mit der Abschlussgebühr für meine Bausparsumme?
4. Wie hoch sind meine Sparzahlungen, wann muss ich sie leisten und wie wird mein Bausparguthaben verzinst?
5. Kann ich Sonderzahlungen leisten und was nützen mir diese?
6. Wann kann ich voraussichtlich über die zugeteilte Bausparsumme verfügen?
7. Wie hoch ist mein Guthaben zum voraussichtlichen Zuteilungstermin?
8. Welche Änderungen kann ich in der Ansparphase vornehmen?

Wenn ein Bausparinteressent bereits konkrete Finanzierungsabsichten hat, sind für ihr folgende Punkte ebenfalls wichtig:
9. Wie hoch sind meine späteren Leistungen für Zinsen und Tilgung?
10. Wie lange muss ich zurückzahlen?
11. Welche zusätzlichen Finanzierungsmittel benötige ich noch und was muss ich dafür zahlen?

Weitere Verbraucherinformationen und Ratgeberbroschüren rund um das Thema Bausparen können sich interessierte Leserinnen und Leser kostenlos über die Internetseite des Verbandes downloaden unter www.bausparkassen.de
Martina Sturm np
Bildunterzeilen:

Dr. Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei der Stiftung Warentest, zeigt sich überrascht von den „in vielen Fällen ausgesprochen schwachen Leistungen der Bausparkassen“. Foto: Stiftung Warentest

Alexander Nothaft, Sprecher des Verbands der Privaten Bausparkassen, will auf Verbandsebene den Fokus künftig noch stärker auf Verbraucherinformation richten, damit Kunden in der Lage sind, schlechte Beratung durch gezielte Fragen zu erkennen. Foto: Verband der Privaten Bausparkassen

Die detaillierten Testergebnisse hat Stiftung Warentest in der „Finanztest“ (Ausgabe 2/2015) veröffentlicht. Foto: Stiftung Warentest