Passivhaus-Technik macht den Bausektor fit für die Zukunft (04/29/2014 07:00:00 AM)

Internationale Tagung in Aachen zeigt Lösungen für höchste Energieeffizienz

Was einmal gebaut ist, bleibt oft über Jahrzehnte unverändert – die Wahl des energetischen Standards ist daher entscheidend. Auf der Internationalen Passivhaus-tagung 2014 in Aachen haben Experten aus aller Welt am Wochenende gezeigt, wie das heutige Baugeschehen fit für die Zukunft gemacht wird. Wegweisend ist die Entwicklung im Bereich hoch energieeffizienter Bau-Komponenten – viele Beispiele dafür wurden auf einer begleitenden Fach-Ausstellung präsentiert.

„Energieeffizientes Bauen und Sanieren wird von Jahr zu Jahr günstiger und damit für jeden Bauherren attraktiver“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Feist, Leiter des Passivhaus Instituts. Mit dem auf der Tagung in Aachen verliehenen Component Award für Fenster konnte gezeigt werden, dass mit Passivhaus-Technik erhebliche Einsparungen möglich sind. „Die Investition in die Energieeffizienz des eigenen Gebäudes ist also vor allem eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft“, sagt Feist. „Praktisch nebenbei wird auch der Wohnkomfort erhöht und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“

Dass auch die Architektur vom Passivhaus profitiert, wurde in Aachen mit einem weiteren Preis dokumentiert. Sechs Gebäude und eine Region erhielten zum Auftakt der Tagung den Passive House Award 2014: ein Mehrfamilienhaus in Berlin, ein Sanierungsprojekt in New York, ein Seminargebäude in Südkorea, ein Kunstmuseum in Ravensburg, ein Gebäude-Ensemble in Finnland, ein Reihenhaus in Philadelphia und der Passivhaus-Stadtteil Bahnstadt in Heidelberg. Die Auswahl der Jury veranschaulichte nicht zuletzt die internationale Verbreitung des energieeffizienten Standards.

Die fast einhundert Fachvorträge der Tagung deckten ein breites Spektrum ab: von den Herausforderungen beim Bau von Passivhäusern in verschiedenen Klimazonen bis hin zu den Erfahrungen etwa mit Supermärkten oder Hallenbädern im Passivhaus-Standard. Ein Fokus galt zudem den bevorstehenden Entwicklungen im Bausektor, die maßgeblich von der Europäischen Gebäuderichtlinie geprägt sein werden. Diese sieht vor, dass ab 2021 das sogenannte „Nearly Zero Energy Building“ zur Norm wird. Erreicht wird diese etwa durch eine Kombination des Passivhauses mit der Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Passivhaus Institut greift dieser Entwicklung mit der Einführung neuer Kategorien bei der Zertifizierung voraus: Künftig wird nicht nur der Energiebedarf berücksichtigt, sondern auch die Energieerzeugung am Gebäude, etwa durch Photovoltaik. Feist stellte in seinem Abschlussvortrag zudem eine neue Methode für die ökologische Gesamtbewertung des Energiebedarfs von Gebäuden vor. Als Referenz gilt dabei ein zukunftsfähiges Szenario, in dem, verbunden über das Stromnetz, nur noch erneuerbare Energien genutzt werden.

Großen Anklang vor allem bei den Planern und Architekten unter den insgesamt etwa 1.000 Tagungsbesuchern fand die Präsentation des neuen 3D-Tools designPH. Die auf SketchUp basierte Software ermöglicht eine grafische Eingabe energetisch relevanter Entwurfsdaten – thermische Gebäudehülle und Verschattungen werden automatisch erfasst und lassen sich bei Bedarf optimieren. Das Ergebnis kann mit wenigen Klicks in das international etablierte Projektierungswerkzeug PHPP exportiert werden.

Die vom Passivhaus Institut organisierte Internationale Passivhaustagung findet seit 1997 an wechselnden Orten statt. Mitveranstalter der diesjährigen Tagung waren die Stadt Aachen und die EnergieAgentur.NRW. Parallel zu den wissenschaftlichen Vorträgen gibt es jeweils eine Fach-Ausstellung mit Herstellern von energieeffizienten Bau-Komponenten und anderen wichtigen Branchen-Akteuren. Im Rahmen der Tagung werden außerdem Workshops und Seminare sowie ein Forum für Handwerker angeboten. Abgerundet wird das Programm durch Exkursionen zu gebauten Passivhäusern in der Region. Die nächste Internationale Passivhaustagung findet vom 17. bis 18. April 2015 in Leipzig statt.

Mehr als ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in den Industrienationen fließt in den Betrieb von Gebäuden, überwiegend in die Beheizung. Bis zu 90 Prozent davon können mit dem Passivhaus eingespart werden. Der verbleibende Bedarf lässt sich ohne Weiteres mit erneuerbaren Energien decken. Der Standard ist damit nicht nur wirtschaftlich attraktiv, sondern zugleich eine sinnvolle Lösung für die Energiewende und den Klimaschutz.

Fotos zu den Preisträgern des Passive House Awards sowie des Component Awards finden Sie zum Download unter: