Wenn aus einer 120 Jahre alten Farbformel eine moderne Beschichtung wird: (01/09/2014 07:00:00 AM)

Keimfarbe wird erstmals industriell eingesetzt und macht aus Holz eine leicht verarbeitbare Fassadenlösung, die dreimal länger hält als gängige Alternativen

1878 meldete Adolf Wilhelm Keim seine gleichnamige Keimfarbe zum Patent an. Nach ihr geforscht hatte er zuvor auf Wunsch König Ludwigs I., der sich auch in Bayern die farbenprächtigen Kalkfresken Norditaliens wünschte. Allerdings hätten die damals zur Verfügung stehenden Farben dem rauen heimischen Klima nicht standhalten können. Doch dem Handwerker und Forscher Keim gelang es, durch eine Mischung aus flüssigem Wasserglas und mineralischen Pigmenten eine Farbe zu schaffen, die dem Wetter nördlich der Alpen gewachsen war und gleichzeitig eine exzellente Farbbrillanz aufwies. Da sie sehr langlebig ist, wird die Keimfarbe bis heute vor allem im Bereich des Denkmalschutzes auf Putz verwendet. Bisher war sie allerdings nur als Streichprodukt erhältlich. Doch dank der Entwicklung einer neuen Base können die Holzwerke Ladenburger die Farbe nun erstmals als werkseitige Beschichtung von Fassadenhölzern anbieten, die dreimal länger haltbar ist, als herkömmliche Anstrichlösungen und alternative Fassadenwerkstoffe ersetzen kann. Architekten wie Bernd Trümpler, unter anderem Partner bei KHBT in London und Berlin sowie Professor an der Ècole Spéciale d'Architecture in Paris, und der freischaffende Architekt Christoph Sailer, haben erste Projekte mit dem mit Keimfarbe beschichteten Holz erfolgreich umgesetzt.
„Die Farbe wurde mir vom Bauherren empfohlen“, berichtet Sailer. „Wir haben sie dann zuerst für Dachverkleidungen eingesetzt und sind dann schnell dazu übergegangen, eine komplette Halle mit dem keimfarbenbeschichteten Holz zu verkleiden.“ So ist das Material eine echte, leichter zu verarbeitende Alternative zu herkömmlichen Fassadenverkleidungen wie Aluminium, Faserzementplatten, Keramik, Presspapier und ähnliche. Zudem ist der Werkstoff dreimal länger haltbar als solche mit Anstrichsystemen wie Acrylat oder Alkyd, ist nicht abplatzend, lichtecht und sowohl für Industriebauten, als auch Wohnhäuser geeignet. „Wir wollten ein Einfamilienhaus aus den 70er Jahren zeitgemäß interpretieren und haben uns dazu für eine Fassade aus Holz mit Keimfarbenbeschichtung entschieden. Zudem wollten wir schlanke Profile mit einer durchgehenden Länge von 7,7 Metern, was Ladenburger ermöglichen konnte“, erklärt Trümpler. Dabei ist das Unternehmen der einzige Anbieter, der Holz werkseitig mit Keimfarbe beschichtet liefert.
 
 


Keimbeschichtete Holzfassaden lassen sich leichter verarbeiten als herkömmliche Fassadenverkleidungen aus Aluminium, Faserzementplatten, Keramik, Presspapier und ähnlichem.
Quelle: Holzwerke Ladenburger


„Wir wollten ein Einfamilienhaus aus den 70er Jahren zeitgemäß interpretieren und haben uns dazu für eine Fassade aus Holz mit Keimfarbenbeschichtung entschieden“, erklärt Bernd Trümpler. Der Architekt ist unter anderem Partner bei KHBT in London und Berlin sowie Professor an der Ècole Spéciale d'Architecture in Paris.
Quelle: Johannes Marburg Photography
„Uns gefiel auch, dass der Anstrich aus natürlichen Grundstoffen besteht und einen regionalen Bezug hat“, fügt Sailer an. „Zudem ist die Farbe nicht kunststoffähnlich, sondern matt, also dem Werkstoff Holz angemessen. Bisher haben wir Holz stets mit einer Dick- oder Dünnbeschichtung versehen oder es naturbelassen verarbeitet. Naturbelassen vergraut das Holz. Mit der Keimbeschichtung ist dies nicht mehr der Fall.“ Diese kann außerdem in rund 1.000 verschiedenen UV-stabilen Farben bestellt werden, die auch als Streichprodukt erhältlich sind, so dass Fensterläden, Zäune oder Blumentöpfe passend zur Hausfassade gestaltet werden können.

Neu entwickelte Base schützt Holz vor Wasser
„Als ausgebildeter Tischler weiß ich, wie wichtig es ist, dass das Holz trotz Keimfarbenanstrich in der Lage ist, Feuchtigkeit aufzunehmen und wieder abzugeben“, so Trümpler. „Es ist nicht versiegelt und deshalb ein lebendiger Werkstoff.“ Die Oberfläche des Anstrichs, die unter dem Mikroskop wie Würfelzucker aussieht, bietet mehr Platz für die Feuchtigkeit um zu verdunsten. So ist sie schneller wieder trocken als bei anderen Werkstoffen. Dies ist dasselbe Prinzip, wie bei der Verdunstung eines vollen Wasserglases und einem, das auf dem Boden verschüttet wurde. Während das Glas am nächsten Tag noch nahezu voll sein wird, ist die Flüssigkeit am Boden nicht mehr zu sehen. Auf Grund der nicht versiegelten Oberfläche lässt es zwar Wasser durch, dieses wird aber von der von Keim neu entwickelten Base aufgehalten, so dass es nicht in das Holz selbst eindringen kann. Die Farbe darüber schützt wiederum die Base vor rauen Witterungsgegebenheiten wie Sonneneinstrahlung, Starkregen oder Hagel. Dabei stellen die zweimal aufgetragene Base, das Herzstück des Aufbaus, und die Colorbeschichtung eine untrennbare Verbindung mit dem Werkstoff her und bieten keine Grundlage für Schimmel und Algen. So kann keimfarbebeschichtetes Holz nun mit der gleichen Philosophie verwendet werden, wie schon seit Jahren Putz, ist damit vielseitig einsetzbar und trotz der Tatsache, dass es sich um Holz handelt eine Alternative für alle, die sich im Normalfall nicht unbedingt für eine klassische Holzfassade in „Eiche hell“ entscheiden würden. Denn die aus nordischer Fichte, heimischer Tanne und Douglasie gewonnenen Hölzer sind nach der Keimbeschichtung kaum mehr als solche erkennbar, bringen aber dennoch deren Vorteile in der Verarbeitung mit. So fällt das Bohren, Sägen und Anbringen von Holzlatten im Normalfall leichter als bei Aluminium, Faserzementplatten, Keramik, Presspapier und ähnlichen Materialien. Zudem können sie beispielsweise in Linien als Keilstülpschalung oder Parallelfuge angebracht werden und bergen so vielfältige Designmöglichkeiten.





Hintergrund
Christoph Sailer ist Diplom-Ingenieur und Freier Architekt. Nach einer Zimmererlehre absolvierte er sein Architekturstudium in Biberach an der Riß. Währenddessen sowie im Anschluss daran war er in zahlreichen, namhaften Architekturbüros wie büro plus+ von Prof. Peter Hübner, im Büro KauffmannTheilig und Stehle + Ruppert Heilbronn beschäftigt. 1998 gründete er das Büro A-Plan mit Roland Pisot und ist seit 2003 Honorarlehrer für Fachkunde-Holz im Berufsvorbereitungsjahr. Seit 2005 arbeitet er mit drei weiteren Architekten in seinem Büro christoph sailer . architekten an Projekten wie einem Gewerbepark in Heilbronn oder der Erweiterung und dem Umbau einer privaten Frauenklinik.
Bernd Trümpler absolvierte vor seinem Architekturstudium an der TU Darmstadt eine Ausbildung zum Schreiner. 2001 erhielt er sein Diplom und arbeitete daraufhin drei Jahre lang in London im Büro Norman Foster. Während seines Studiums gründete er zusammen mit einigen Kommilitonen das Netzwerk osa – office for subversive architecture, mit dem Trümpler heute noch Projekte realisiert. Zudem ist er Partner bei KHBT, einem in London und Berlin ansässigem Architekturbüro, dass unter anderem die Kunsthülle in Liverpool und verschiedene Kunstinstallationen wie „Kölnisch Wasser“ in Köln und die „Werneth Attraction“ in Oldham sowie einige architektonisch einzigartige Wohnbauten realisierte.

1938 wurde der Grundstein für die heutigen Holzwerke Ladenburger gelegt. Der Familienbetrieb beschäftigt sich seitdem mit der Verarbeitung und Veredelung von Holz. Mit den Produktionsstandorten in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen ist das Unternehmen eines der führenden auf dem europäischen Markt. Die Zertifizierung nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) garantiert den Schutz sowie die nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung der Waldflächen. Zudem unterliegen sämtliche verarbeitete Hölzer permanenten Qualitätskontrollen.





Mehr Info für Leser/Zuschauer/Interessenten:

Dipl.-Ing. (Fh) Freier Architekt Christoph Sailer
Reutlinger Straße 51, 74074 Heilbronn
Tel: 07131 941455, Fax: 07131 941454
E-Mail: christoph.sailer@sailer-architekten.de
Internet: www.sailer-architekten.de

KHBT Studio Berlin
Grünberger Str. 50, 10245 Berlin
Tel. (mobil): 01772073524
E-Mail: KHBT@KHBT.eu
Internet: www.khbt.eu

Ladenburger GmbH
Zur Walkmühle 1-5, 73441 Bopfingen-Aufhausen
Tel.: 07362 96050, Fax: 07362 9605200
E-Mail: info@ladenburger.de
Internet: www.ladenburger.de