Wohnen am See (06/08/2012 07:00:00 AM)

In absoluter Toplage am Südufer des Wörther Sees errichtete das Wiener Architekturbüro Neumann + Partner für die Neubrand Privatstiftung ein exklusives Appartementhaus mit Panoramablick auf die beeindruckende Seelandschaft. Nicht weniger beeindruckend ist aber auch das Gebäude selbst: Sowohl in Hinblick auf die architektonische Gestaltung als auch den Wohnkomfort, die Ausstattung sowie die Energieeffizienz betreffend erfüllt der kubische Neubau höchste Ansprüche.

Das neu errichtete Appartementhaus „Villa Velden“ liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum kleinen Ort Auen im Gemeindegebiet von Velden am Südufer des Wörther Sees. Der Errichtung ging ein architektonischer Ideenfindungsprozess für die Neubebauung des parkartig angelegten Grundstücks voraus. Im Rahmen eines kleinen, geladenen Wettbewerbs mit lediglich zwei Teilnehmern konnten sich Neumann + Partner gegenüber ihrem Mitbewerber behaupten. Im Zuge der Bestandsaufnahme kam das Architektenteam rund um Heinz Neumann zu dem Entschluss, das bestehende Gebäude statisch zu ertüchtigen und anschließend umfassend zu sanieren bzw. zu modernisieren. „Entsprechend seiner Überzeugung ‚bist du reich und bist du dumm - kauf ein Haus und bau es um‘ sprach sich der Bauherr allerdings gegen die Revitalisierung des Bestandes aus und entschied sich stattdessen für den vollständigen Abriss und einen kompletten Neubau. Rückblickend betrachtet muss ich sagen, dass er damit auch Recht hatte“, gesteht Heinz Neumann heute.
Obwohl Neumann selbst ursprünglich für den Erhalt des bestehenden Gebäudes plädierte, gelang es ihm mit seinem Alternativentwurf die Gunst des Bauherren, der Neubrand Privatstiftung, für sich zu gewinnen und den Zuschlag für die Planung zu erhalten.

                                                                    Terrassierte Hanglage
Der von Neumann + Partner entwickelte Baukörper nutzt das natürliche Gefälle des Geländes und schiebt sich ausgehend vom Seeufer terrassenartig den Hang hinauf in Richtung der ausgedehnten Parklandschaft. Dabei gliedert sich das Gebäude in zwei Untergeschoße, welche zum Großteil im Hang eingebettet liegen, ein Erdgeschoß auf dem Niveau des Parks sowie ein versetztes Dachgeschoß, das rund sechs Meter über den Eingangsbereich auskragt.
Die übereinander geschachtelten Kuben der einzelnen Geschoße machen zum einen die innere Struktur nach außen ablesbar und betonen auf der anderen Seite die Horizontale. Ein gestalterischer Trick, der dem Gebäude - vor allem von der Seeseite aus betrachtet – optisch an Höhe nimmt. Zusätzlich unterstützt wird dieser Effekt durch das versetzte Dachgeschoß sowie die Verkleidung des Unter- bzw. Sockelgeschoßes mit dunklem, geschliffenem Basaltstein. Darüber wurde die Gebäudehülle als vorgehängte, hinterlüftete Fassade mit Steinplatten aus hellem Donaukalk verkleidet.
Insgesamt finden in dem viergeschoßigen Baukörper sechs luxuriös ausgestattete Appartements Platz. Im Erdgeschoß befinden sich zwei kleinere Gästeappartements mit jeweils rund 60 Quadratmetern Wohnfläche. Zusätzlich sind hier auch die Schlafbereiche sowie Sanitärräume der beiden Maisonettewohnungen situiert, die über eine interne Wendeltreppe mit den darunterliegenden Wohnbereichen im ersten Untergeschoß verbunden sind. Hier ist den beiden Maisonetten eine großzügig geschnittene Terrasse als privater Freiraum vorgelagert. In die Holzdielen der Terrasse sind satinierte Glaspaneele eben in den Boden eingelassene, diese sorgen für eine ausreichende Belichtung des Gemeinschaftsbereiches im zweiten Untergeschoß. Neben Keller- und Lagerräumen sowie der gesamten Haustechnik befinden sich auch eine gemeinsame Küche, ein Speiseraum, ein kleines Kino und ein Partyraum sowie eine ausgedehnte Wellnesslandschaft im zweiten Untergeschoß. Mit Blickrichtung auf den See schaut die Vorderfront vollständig aus dem Hang heraus und ist über die gesamte Breite raumhoch verglast. Der vorgelagerte ebene Freibereich kann sowohl direkt von den Gemeinschaftsräumen aus betreten werden, ist aber auch über die seitliche Freitreppe zugänglich und dient den Bewohnern des Appartementhauses als gemeinsame Liegewiese für ausgedehnte Sonnenbäder.
Den oberen Abschluss des Gebäudes bilden zwei zum Hang hin versetzte Kuben mit jeweils einem Appartement samt Dachterrasse mit Weitblick über den See. An heißen Sommertagen sorgen zwei große Sonnensegel für eine ausreichende Beschattung der Terrassen.

Zwei Gesichter
In Richtung des Parks präsentiert sich das Appartementhaus als streng symmetrischer, zweigeschoßiger Baukörper - gehüllt in edlen, nahezu weißen Donaukalk. Das auskragende Dachgeschoß stützt sich auf den Liftturm, der zusammen mit dem angrenzenden, offenen Stiegenhaus das Rückgrat des Gebäudes bildet. Neumann dazu: „Exakt in der Mittelachse positioniert und vollständig verglast stellen Lift und Stiegenhaus eine optische Zäsur dar, die den Baukörper in zwei spiegelgleiche Hälften teilt.“ Dabei ist nicht nur die Aufzugskabine verglast, sondern auch die Treppen selbst sind komplett in Glas gefertigt, wodurch Bewohner und Besucher, die sich über den zentralen Weg durch den Park dem Haus nähern, durch die gesamte Gebäudetiefe hindurch auf den See blicken können.
Was vorne als vertikaler Glasstreifen durch die steinerne Fassade schneidet, löst sich in den horizontalen, raumhohen Glasbändern der Rückseite vollständig auf. Hier an der dem Seeufer zugewandten Seite des Gebäudes wird man erst der gesamten Dimension des terrassenartig abgestuften Gebäudes gewahr. Das überbreite, massiv gerahmte Erdgeschoß öffnet sich mit einer durchlaufenden Loggia großzügig zum See und thront auf dem filigran wirkenden, verglasten Untergeschoß mit seiner großen vorgelagerten Terrasse. Diese sitzt ihrerseits wieder auf dem massiven Basaltsockel, dessen Fassade zum See freigelegt und ebenfalls raumhoch verglast wurde. Von der Liegewiese aus sind die beiden, zum Hang hin versetzten Kuben des Dachgeschoßes nicht zu erkennen, lediglich die beiden überdimensionalen Sonnensegel auf den obersten Terrassen lassen die Nutzung der Dachzone erahnen.

Bautechnische Herausforderung
Errichtet wurde das gesamte Bauwerk in Stahlbeton, wobei die beiden unteren, erdberührten Geschoße in Dichtbeton ausgeführt wurden. Eine besondere bautechnische Herausforderung für die Planung und Ausführung stellte der weiche, wenig tragfähige Untergrund dar. Etliche Gründungsvarianten wurden rechnerisch durchgespielt und immer wieder statisch überprüft – von der aufwändigen Pfahlgründung bis hin zum weit kostengünstigeren und in der Ausführung wesentlich unproblematischeren Plattenfundament. Letztendlich brachte erst ein geologisches Gutachten Klarheit, so dass grünes Licht für die die Grundierung mittels Fundamentplatte gegeben werden konnte. Das Erdmaterial entlang des Seeufers ist allerdings so gering tragfähig, dass auch der Einsatz von schweren Baugerätschaften während der Errichtung mitunter ein erhebliches Problem darstellte. „Nicht einmal ist der Bagger, der den Aushub für die Fundamentplatte machen sollte, im weichen Uferboden fast versunken“, erinnert sich Heinz Neumann an die widrigen Umstände bei der Bauausführung zurück. Während des weiteren Bauablaufs stellte vor allem der Auftrieb der Fundamentplatte auch eine gewisse Herausforderung für die Ausführenden dar. „Ein Problem, dass sich allerdings mit dem Voranschreiten des Rohbaus dank des Gewichts des Gebäudes von selbst erledigte“, erklärt Projektarchitekt Hanno Kainz rückblickend.
Eine hauptsächlich organisatorische Hürde galt es noch in Bezug auf die baurechtlichen Rahmenbedingungen zu überwinden. So besteht während der Sommermonate, von 15. Mai bis zum 15. September, in fast allen Orten entlang des Wörther Sees ein absolutes Bauverbot. Das gilt natürlich auch für das gesamte Gemeindegebiet von Velden. „Es ist schon ein wenig verrückt, aber wir mussten einen Großteil der extrem wetterabhängigen Bauaktivitäten in die nasskalte Jahreszeit verlegen, in eine Zeitspanne also, die sich alles andere als zum Bauen eignet“, berichtet Neumann. So wurde zwischen September 2009 und Mai 2010 in einem ersten Schwung der Rohbau errichtet und erst im darauffolgenden Herbst mit den weiteren Baumaßnahmen fortgefahren.


Energie aus der Erde
Alle Appartements sowie der Gemeinschafts- und Wellnessbereich im zweiten Untergeschoß sind mit einer Fußbodenheizung ausgestattet, die derart dimensioniert ist, dass keine zusätzlichen Radiatoren notwendig sind. Die dafür erforderliche Wärmeenergie kommt ebenso wie die Energie für die Aufbereitung des Warmwassers aus der Erde. Zehn Tiefensonden wurden dafür zwischen 140 und 150 Metern tief ins Erdreich gebohrt. Unter anderem aufgrund der begrenzten Bauzeiten wurden diese nicht wie ursprünglich vorgesehen direkt unter dem Gebäude versetzt, sondern gleichmäßig im Park verteilt. Ein zusätzlicher logistischer Aufwand, da die gestaltete Parklandschaft mit ihrem Jahrzehnte alten Baumbestand so weit wie möglich erhalten bleiben sollte. Ein Mehraufwand der sich letztendlich aber gelohnt hat, da auf diese Weise fast parallel an der Errichtung des Gebäudes und an der Energieversorgung gearbeitet werden konnte. Darüber hinaus wurde mit den Tiefenbohrungen aber natürlich auch ein ökologisch nachhaltiges Energiekonzept verwirklicht, das die laufenden Kosten für Beheizung und Warmwasseraufbereitung wesentlich verringert. Bei der Verteilung der Sonden auf dem Grundstück wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, diese durchgehend entlang der Zufahrt zum Gebäude zu versetzen. Dadurch wurden jene Flächen für eine eventuelle spätere Verwertung freigehalten, die laut Bauordnung noch bebaubar sind. Als zusätzliches Sicherheitsnetz zur Unterstützung für die Warmwasserversorgung entschied man sich schon in der Planungsphase, bei der Errichtung des Gebäudes auch eine Solaranlage vorzuinstallieren, so dass bei Bedarf jederzeit Kollektoren auf dem Dach nachgerüstet werden können. Eine endgültige Entscheidung dafür oder dagegen wird aber erst nach Ablauf des ersten Jahres unter Vollnutzung getroffen.



Projektdaten:
Appartementhaus „Villa Velden“
Süduferstraße 127, A-9220 Velden am Wörther See
Auftraggeber: Neubrand Privatstiftung
Architekt: Neumann + Partner
www.neumannundpartner.com
Art des Bauwerks: Wohnbau – Neubau
Bruttogeschoßfläche: 1.422 m2
über Niveau 948 m2
unter Niveau 474 m2
Umbauter Raum: 4.407 m3

Bauzeit: September 2009 bis Mai 2010 | September 2010 bis Juni 2011