Flucht- und Rettungswege in alten Schulbauten (10/14/2011 07:00:00 AM)

Sanierungsfall Schule: Zum Beispiel Schwerte
Viele Schulen sind dringend zu sanieren – und es ist nicht nur der Putz, der von der Wand fällt. Allein in Berlin wird der Sanierungsbedarf auf eine Milliarde Euro geschätzt (Berliner Morgenpost). Gute Auftragschancen für Planer und Ausführende. Sie sollten allerdings die besonderen Vorschriften in Schulen kennen – zum Beispiel die Normen für Flucht- und Rettungswege. Aktuell erweitert sich diese Diskussion um die Verschließbarkeit von Klassenräumen, ausgelöst durch Amokläufe und das gestiegene Schutzbedürfnis. Die Kommune Schwerte erneuerte jetzt gleich in sechs Schulen die Durchgänge. Das Beispiel zeigt: Vor allem die enge Zusammenarbeit mit dem Hersteller (hier: Teckentrup, Verl) von Planungsbeginn an führt zu einer effizienten und normgerechten Abwicklung – und das größere Bauvolumen hebt weitere Synergien.

Überall dort, wo sich viele Menschen auf engem Raum versammeln können, sind die Vorschriften für den Brandschutz und die Flucht- und Rettungsplanung besonders streng. Erst recht gilt dies für Orte, an denen Kinder zusammen kommen – wie Schulen. Hier gilt u. a. die „Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen (SchulbauR)“ (DIN 58215) – mit Vorgaben für den Brandschutz, Rettungswege, Flure, Treppenhäuser, Hallen, Türen, Sicherheitsbeleuchtung, Alarm und den dazugehörigen Prüfungen. Außerdem sind spezielle Unfallverhütungsvorschriften zu beachten und auch zu Akustik und Hygiene gibt es Empfehlungen. Erschwerend: Baurecht ist Ländersache – und daher gilt nicht jede Vorschrift aus Berlin auch in Brandenburg oder Bayern (s. auch Exkurs).

Türen im Dauereinsatz – und im Brandfall?
Zu den beanspruchtesten Bauteilen in (öffentlichen) Gebäuden zählen die Türen. Manche werden mehrere hundert Male pro Tag geöffnet und geschlossen, oft achtlos, mit Füßen oder Schulranzen. Gerade diesen Türen kommt aber im Brandfall hohe Bedeutung zu, denn oft trennen sie Brandabschnitte. Dann müssen sie selbsttätig und rauchdicht schließen – auch noch nach Jahren. Damit Personen auf der anderen Seite gesehen werden, sollten die Türen transparent sein, vor allem in Fluren. Nicht zuletzt gilt es, den Aspekt Attraktivität nicht zu vernachlässigen: Vandalismus oder „Sprayer-Angriffe“ werden bei maroder Bausubstanz häufiger zum Problem als in gut ausgerüsteten Gebäuden.

Schwerte: Vorbildlich saniert – Synergien genutzt
In Schwerte galt es, nicht nur eine, sondern gleich sechs Schulen zu sanieren. „Allerdings brauchte jedes Gebäude eine individuelle Planung. Anschlüsse und Größen variierten beispielsweise von Schule zu Schule“, berichtet Jörg Garbais, Türenspezialist von Teckentrup, der den Einbau der Türen begleitete.

Zeit- und Kostenvorteile entstanden durch die frühe Einbindung des Zulieferers in den Planungsprozess. Die Entscheidung für Teckentrup fiel jeweils nach der öffentlichen Ausschreibung, die Leistungen gingen anschließend über das bloße Liefern von Bauelementen hinaus. „Wir waren schon am Planungsprozess und am Aufmaß beteiligt“, erzählt Garbais. Dieses vernetzte Miteinander sorgt dafür, dass Fehlerquellen schon im vornhinein ausgeschlossen werden.

In den Schwerter Schulen kamen unterschiedliche Typen zum Einsatz, Alu- und Stahl-Rohrprofiltüren. Jörg Garbais: „Ein Grund war die Variabilität – selbst in den Schulen war fast jede Tür anders: Ein- oder zweiflügelig, mit Oberlichtern, mit Seitenteilen und in unterschiedlichen Farbtönen.“ Vielfalt gilt auch für die Anschluss-Lösungen. Verschiedene Zargen-Varianten und Anschluss-Optionen von Mauerwerk bis Trockenbau sorgen dafür, dass in jeder Altbau-Situation eine normgerechte Lösung gefunden wird, von T30 bis T90.
Bei sechs Schulen mit ganz unterschiedlicher Innenarchitektur bekommt die objektspezifische Planung hohe Bedeutung. Durch die Vorarbeit „am Reißbrett“ und die ganzheitliche Betreuung blieben auch die Bauzeiten kurz: In keiner der Schulen brauchten die Handwerker länger als 30 Tage – und alle Bauarbeiten wurden in den Ferien erledigt, so dass der Schulbetrieb zu keiner Zeit litt.

Die Praxis ist bunt
Neben den technischen Parametern sind auch ästhetische Attribute zu erfüllen. In der Realschule „Am Stadtpark“ zeigt sich das in einem Farbschema, bei dem jede Etage einen eigenen Farbton hat. Die Türen wurden hier dem Wunschton entsprechend farbbeschichtet.

B A U T A F E L
Objekte Eintracht Hauptschule (30.000 €)
Realschule am Bolengarten (34.000 €)
Gymnasium Ostbergstraße (38.000 €)
Grundschule Villigst (14.000 €)
Heideschule (26.000 €)
Realschule am Stadtpark (56.000 €)
Ges. Bausumme ca. 198.000 €
Bauherr Stadt Schwerte
Projektleitung Bettina Austmeyer, Stadt Schwerte
Tore und Türen Rohrprofil-Türen, Alu oder Stahl, 1- und 2-flügelige Versionen, zum Teil mit Oberlicht, zum Teil mit Seitenteilen
Bauzeit Sommerferien 2010, (NRW)
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Sicht von der Flurseite: Wegen des Wegweiser über der Tür war hier kein Oberlicht möglich. Daher wurden die Sichtblenden im selben Farbton wie die Türprofile gestrichen.


Wo ist die Tür? Die weißen Türprofile integrieren sich zurückhaltend in die künstlerisch gestalte Wand der Eintracht-Hauptschule...


Realschule am Bohlengarten: Die schmalen Stahlprofile der Tür sorgen für einen sehr breiten lichten Durchgang, das hohe Oberlicht trägt zur offenen Innenarchitektur bei.



Feuerschutz-Stahltür in der Realschule am Stadtpark: Die schmalen Profile lassen einen hohen Glasanteil der Tür zu.
Bilder: Teckentrup

Exkurs: Vorgaben der Schulbaurichtlinie
„Schulen müssen wegen ihrer Art und Nutzung besonderen bauaufsichtlichen Anforderungen genügen“, sagt die „SchulbauR“ in ihrem ersten Satz. Anschließend definiert sie in der Anlage diese Vorgaben. Einige davon sind:
• Brandwände: Maximal-Abstand 60 Meter, Durchbrüche nur mit feuerhemmenden, rauchdichten und selbstschließenden Türen. Angrenzende Flurwände mindestens 2,5 Meter ohne Durchbruch.
• Hallen: Zugänge zu mehrgeschossigen Hallen müssen mit feuerhemmenden, rauchdichten und selbstschließenden Türen ausgestattet sein, Aufenthaltsräume mit rauchdichten und selbstschließenden Türen.
• Rettungswege: Von Unterrichtsräumen müssen zwei unabhängige Rettungswege ins Freie führen, Stichflure dürfen maximal 10 Meter lang sein. Die Breite der Rettungswege ist abhängig von den potenziellen Nutzerzahlen festzulegen.
• Türen: Selbstschließende Türen dürfen nur durch Feststellanlagen offen gehalten werden.
• Alarmsysteme: Vorgeschrieben sind Sicherheitsbeleuchtung mit Sicherheitsstromversorgung und ein Alarmton, der sich von der Pausenklingel unterscheidet.