Fachtagung Normung und Technik des Verbands Fenster + Fassade (06/29/2011 07:00:00 AM)

Energieeffizienz und Wohnkomfort im Doppelpass

Das Wohngebäude der Zukunft ist energieautark und bietet zugleich hohen Wohnkomfort. „Fenster- und Fassadenbauer sind nicht nur als Experten für Energieeffizienz und Klimaschutz gefragt. Sie werden zukünftig viel mehr als heute auch Lösungen zum barrierefreien, automatisierten und komfortablen Wohnen beitragen“, erklärte der Obmann des Technischen Ausschusses Franz Hauk zu Beginn der Fachtagung Normung und Technik des Verbands Fenster + Fassade am 8. Juni in Frankfurt.

Die Perspektiven des Bauens im Zeichen von Energieeffizienz und Wohnlichkeit standen im Zentrum der Tagungsvorträge. Dazu zählten Präsentationen CO2-neutraler Gebäude sowie Überlegungen zur Wohn- und Lebensqualität im Alter. Auf der Tagesordnung standen weiterhin Konzepte zur Tageslichtnutzung und technische Lösungen zum sommerlichen Wärmeschutz. „Wir können unsere Zukunftsaufgaben nicht mehr verschieben“, so Franz Hauk. „Da ist es beruhigend zu wissen, wie weit der Bau und insbesondere auch unsere Fenster- und Fassadenbranche schon jetzt Lösungen für die Zukunft erarbeiten.

CO2-neutral Wohnen

Die aktuelle EU-Gebäuderichtlinie fordert ab 2019 für neu errichtete öffentliche Gebäude und ab 2021 für alle neuen Gebäude die Einführung des Niedrigstenergiehaus-Standards. Wie solche Gebäude funktionieren und aussehen können, präsentierten Caroline Fafflok von der TU Darmstadt und Detlev von See von der Velux Deutschland GmbH. Die TU Darmstadt hat im Jahr 2009 zum zweiten Mal hintereinander den renommierten amerikanischen Solar Decathlon in Washington DC gewonnen. Das surPLUShome verbindet pfiffige Ideen zur Energieeffizienz und Energienutzung und produziert zwei Mal soviel Energie, wie es benötigt. Fenster mit Drei-Scheiben-Isolierglas, der Einsatz von Photovoltaik und hocheffizienter Verschattungssysteme sowie hochmoderne Dämmwände und eine Klimadecke mit Phasenwechselmaterialien ermöglichten diese prämierte Leistung der Sonderklasse. Die Darmstädter ließen mit ihrem Siegerhaus 19 Mitbewerber hinter sich.

Wie man ein Siedlungshaus zu einem CO2-neutralen Licht-Aktiv-Haus saniert, erläuterte Detlev von See. Das sanierte Musterhaus von 1954 in Hamburg-Wilhelmsburg ist eines von sechs Häusern in Europa, die Velux im Rahmen des Projekts Model Home 2020 entwickelt hat. Das ganzheitliche „integrale“ Konzept berücksichtigt energetische, ökologische und wohnliche Aspekte gleichermaßen. Wesentliche Aspekte sind zum Beispiel Tageslichtnutzung, Kunstlichtkonzept, Energieerzeugung und Ventilation. Das praxisnahe Modellhaus lässt sich auch schrittweise in „modularen“ Abschnitten umsetzen.

Schon heute ist die „Integration von regenerativen Energien in Fenstern und Fassaden“ durch Photovoltaik eine bewährte Technologie. Frank Zimmermann von der Schüco International KG erklärte die technischen Grundlagen und verdeutlichte auch an bestehenden Gebäuden, warum Schüco auf die Dünnschicht-Technik als beste Zukunftslösung setzt.

Gerontotechnik und barrierefreies Bauen für „Ältere“ und Behinderte

Die demographische Zukunft Deutschlands heißt „alternde Gesellschaft“. Dies bedeutet auch automatisch einen wachsenden Anteil an Behinderten und Pflegebedürftigen in unserer Gesellschaft. Auch sie wollen soweit möglich in den eigenen vier Wänden leben. Für die Entwicklung passender Produkte für mehr Lebensqualität der Generation 50+ gibt es heute die „Gerontotechnik“. Johannes Trampert von der Siegenia Aubi KG zeigte eine Vielzahl von Lösungen, die das Wohnen im Alter und mit Behinderungen erleichtern wie beispielsweise barrierefreie Falt-Schiebe-Elemente, motorisch angetriebene Drehkipp-Fenster oder die iohomecontrol® Drahtlostechnologie.

Einen vertieften Einblick in das Thema „barrierefreies Bauen“ gab der Experte Knut Junge vom ift Institut für Fenstertechnik in Rosenheim. Zunächst einmal definierte er „Barrierefreiheit“ als „Eigenschaft von Gebäuden, Produkten, Medien, wenn sie in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind“. Junge fasste die rechtlichen Grundlagen und die normativen Anforderungen zusammen und gab Tipps zur praktischen Umsetzung. Erkennbar wurde auch, dass ein Rollstuhlfahrer natürlich andere Anforderungen an Barrierefreiheit stellt als zum Beispiel ein Sehbehinderter oder ein Hörbehinderter.

Natürliche Beleuchtung, Blendschutz und Lichtlenkung sowie Wärme- und Sonnenschutz

Einen weiteren Schwerpunkt der Fachtagung bildeten die Referate zu dem Themenkomplex Beleuchtung, Lichtlenkung und sommerlicher Wärmeschutz. Denise Goldau von der Pilkington Deutschland AG stellte die Vorteile von Weißglas gegenüber normalem Floatglas dar. Dazu zählen die bessere Lichtausbeute und die natürlicheren Farben. Das ganze Spektrum von außen liegenden Jalousien, Rollläden, Raffstores, Markisen und textilem Sonnenschutz als Sichtschutz oder Blendschutz, zur Lichtlenkung und zur besseren Tageslichtnutzung erläuterte Gernot Rosenheinrich von der Roma KG.

Sommerlicher Wärmeschutz war schließlich das Thema von Stephan Schlitzberger, einem Bauphysiker der Universität Kassel. Er hat im Blick auf die Normung Einflussfaktoren wie Nachtlüftung, Bauart und Fensterflächenanteil untersucht. Schlussfolgerung seiner aufwändigen Simulationsrechnungen: „Große Glasflächen bedeuten bei gutem Sonnenschutz und effektiver Regelung unter Ausnutzung der Nachtlüftung und ausreichender Speicherfähigkeit keinen Verzicht auf Komfort!“

Energieeffizienz und Komfort im Doppelpass

„Bessere Energieeffizienz, mehr Komfort und ökonomischer Nutzen bilden keine Gegensätze“, so Franz Hauk. „Vielmehr kommt es auf das Zusammenspiel der Faktoren an. Wenn sich Effizienz und Komfort auf das Spiel im Doppelpass verstehen, dann können wir uns auf ein lebenswertes und ökologisch verantwortungsvolles Wohnen in der Zukunft freuen. Den Beitrag von Fenster und Fassaden dazu haben die heutigen Referate auf beeindruckende Weise gezeigt.“

Die Vorträge der Fachtagung können bei Frank Reinmüller in der Geschäftsstelle des VFF unter reinmueller@window.de gegen eine Schutzgebühr von 10 Euro zzgl. Versandkosten angefordert werden. VFF-Mitglieder haben Zugriff auf die Inhalte über den Loginbereich unter www.window.de.



Weitere Informationen:
Verband Fenster + Fassade,
Walter-Kolb-Straße 1-7,
60594 Frankfurt,
Tel.: 069-95 50 54 0,
Fax: 069-95 50 54 11
vff@window.de
www.window.de



Caroline Fafflok von der TU Darmstadt und Detlev von See von der Velux Deutschland GmbH erläuterten an Modellprojekten, wie wir in Zukunft CO2-neutral wohnen können und dabei sogar noch überschüssige Energie erzeugen.




Gerontotechnik und barrierefreies Bauen und Wohnen standen im Blickpunkt der Vorträge von Johannes Trampert von der Siegenia Aubi KG und Knut Junge vom ift Rosenheim.






Denise Goldau von der Pilkington Deutschland AG, Gernot Rosenheinrich von der Roma KG und Stephan Schlitzberger von der Universität Kassel verdeutlichten den Einfluss von Weißglas, Verschattungssystemen und sommerlichem Wärmeschutz auf energieeffizientes und behagliches Wohnen.




Unter der Leitung von Obmann Franz Hauk fand die Fachtagung Normung und Technik am 8. Juni in Frankfurt statt. Die Vorträge wurden auch noch in den Pausen lebhaft debattiert.