Membran als Rauminstallation (08/26/2010 07:00:00 AM)

In der Frankfurter Festhalle inszenierten die Ingenieure von form TL und das Architekturbüro Kauffmann, Theilig & Partner eine Membrankonstruktion als visionäre Licht- und Rauminstallation.
Die Frankfurter Festhalle ist der ehemals größte freitragende Kuppelbau der Welt und mittlerweile mehr als 100 Jahre alt. Vielen Besuchern ist das historische Gebäude durch zahlreiche Messen und Veranstaltungen ein Begriff. Hier inszenierten die Stuttgarter Architekten Kauffmann, Theilig & Partner gemeinsam mit den Leichtbau-Spezialisten von form TL den Messestand der Daimler AG mit einer innovativen textilen Rauminstallation. Anlass war die Internationale Automobil Ausstellung (IAA). In die Festhalle wurde dazu ein mehr als 5000 Quadratmeter großer, illuminierter „Membranhimmel“ eingezogen, der spannungsvolle Lichträume für den exklusiven Auftritt von Mercedes-Benz, AMG, Maybach und smart schuf. Die Solitärmembrane wurde aus 110 Einzelbahnen mit 60 mm breiten HF-Nähten verschweißt und bestand aus Mesh, einem offenporigen Gewebe aus Kunststofffasern mit Kunststoffbeschichtung. Um die Fahrzeuge ins richtige Licht zu rücken, wurden insgesamt 27 linsenförmige Ausschnitte in die Zuschnitte eingearbeitet. Durch diese konnten die ausgestellten Automobile mit dahinter installierten Scheinwerfern gezielt ausgeleuchtet werden. Zwei ringförmige Aussparungen von 10 und 8,5 Metern Durchmesser und ein pneumatischer „Membranball“ mit 13 Metern Durchmesser formten Hoch- und Tiefpunkte. Ein am Rand umlaufendes 12 Millimeter dickes Stahlseil hielt die 110 auf 60 Meter große Rauminstallation unter Spannung und sorgte für eine faltenlose Oberfläche.

Die semitransparente sphärisch gekrümmte Membranfläche diente zugleich als Licht- und Projektionssegel. Der geschickte Einsatz der Beleuchtung ermöglichte es, die Transparenz des textilen Gewebes individuell zu steuern. Von hinten beleuchtet, wurde das Meshgewebe transluzent und gab die Sicht auf das historische Kuppeltragwerk der Festhalle frei. Von unten bestrahlt, verlor das Gewebe die Durchsichtigkeit und bildete wie eine Kinoleinwand die darauf projizierten Lichtinszenierungen ab.
Durch den Einbau der eindrucksvollen Textilkonstruktion reduzierte sich der Aufwand für die Hallen- und Standbeleuchtung um ca. 40 Prozent. Auch bei der Hallenbelüftung
ergab sich energetisches Einsparpotenzial. Die vertikale Ausrichtung der Membran mit einem Hoch- und einem Tiefpunkt erzeugte einen Kamineffekt, verbesserte die Hallenthermik und ermöglichte eine gezielte Leistungsreduzierung der Lüftungsanlage.
Eine Herausforderung für form TL war der Umgang mit der historischen Stahlkonstruktion, deren Statik zwar für Schneeund Windlasten konzipiert ist, nicht aber für Ausbaulasten. Da es während der Veranstaltung im September keine Schneelasten gibt, konnten diese Lastreserven für die Befestigung der Membran herangezogen werden. Den Ingenieuren war es so möglich, die für die Membran erforderlichen Vorspannkräfte von 42 Tonnen in die Dachkonstruktion einzuleiten.

Wesentliche Einzellasten waren dabei die Anhängelasten für den Hochpunkt, ein bleigefüllter ca. 3,5 Tonnen schwerer Ring am tiefsten Punkt der Membrane sowie ein pneumatischer Membranball, der mit seinen 13 Metern Durchmesser die Membrane ebenfalls mit ca. 3,5 Tonnen Kraft nach unten drückt. Die hohe Vorspannung war erforderlich, um das steife Gewebe faltenfrei vorzuspannen und um kleine Konfektionsfalten herauszuziehen. Das hochfeste Material hat eine Reißfestigkeit von 7 Tonnen pro Meter und konnte zu Montagezwecken sogar begangen werden.
Mit der nur 600 g/m² sehr leichten und recyclebaren Membrankonstruktion, gelang es den Architekten Himmel, Atmosphäre und Klima darzustellen, als Ausdruck einer umweltverträglichen und effizienten Mobilität.

Die so von KTP und formTL inszenierte Großmembrane verdichtete das Markenerlebnis und fokussierte auf die ausgestellten Automobile. Der Messestand der Daimler AG bot den Messebesuchern ein gesamtheitliches und beeindruckendes Messeerlebnis und stellte erneut die Innovationskraft der deutschen Premiummarke unter Beweis.

Tragwerksplanung: form TL (Lph 1-6)
Bauherr: Daimler AG
Architekt: Kauffmann, Theilig & Partner
Ausführung: Ernst F. Ambrosius & Sohn
Membrane: Gerriets GmbH
Konfektionär: Canobbio S.p.A.
Material: Verseidag B3704
Linsen: Ferrari Batyline XP5
Fotos: Andreas Keller, Altdorf
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