Fazit Rosenheimer Fenstertage 2019 (10/22/2019 07:00:00 AM)

Klimawandel macht Fensterbranche zum "Doppelgewinner"

Das Motto "Fenster for Future" war gut gewählt und zog über 800 Teilnehmer aus 24 Ländern zu den 47. Rosenheimer Fenstertagen. Viele Vorträge drehten sich um den Klimawandel, denn die Auswirkungen dieser zentralen Herausforderung treffen den Gebäudesektor in besonderer Weise. Prof. Dr. Claudia Kemfert (DIW) bezeichnete die Fensterbranche gar als "Doppelgewinner", weil moderne Fenster und Fassaden erheblich zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen und dabei helfen, die Gebäude fit für die Belastungen durch den Klimawandel zu machen. Institutsleiter Prof. Ulrich Sieberath schilderte in seinem Vortrag detailliert, was auf Bauelemente zukünftig in Form von Hitzewellen, Überflutungen, Tornados oder Hagelstürmen zukommt. Daneben gab es natürlich Vorträge zu Innovationen im Fenster- und Fassadenbau sowie praktisch nutzbare Infos zur Montage, zum Einsatz von Sicherheitsglas, der Planung von Sonnenschutz oder zur barrierefreien Ausführung von Fenstern und Türen. Prof. Sieberath geht Ende 2019 in den Ruhestand und wurde am Mittwoch auf einer Abschiedsveranstaltung von 300 Branchenvertretern mit Standing-Ovations für 37 erfolgreiche Jahre im Dienst der Branche geehrt. Von Astrid Wirges (GF DIN) wurde er mit der DIN-Ehrennadel als "Vater" der Produktnorm für Fenster und Türen sowie für seine großen Verdienste in der Normungsarbeit gewürdigt. Als Dank für die großen Verdienste um die Entwicklung von Stadt und Region überreichte die Rosenheimer Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer Prof. Sieberath die Verdienstmedaille der Stadt Rosenheim.


Zum letzten Mal eröffnete Prof. Ulrich Sieberath am Donnerstag, den 10. Oktober die Rosenheimer Fenstertage in seiner Funktion als Institutsleiter, denn er wird Ende 2019 in den Ruhestand wechseln. Am Mittwochabend hatten bereits 300 Wegbegleiter aus der Branche sowie aus Forschung, Lehre und Normung Prof. Sieberath mit Standing Ovations geehrt. Von Astrid Wirges (GF DIN) wurde er mit der DIN-Ehrennadel als "Vater" der Produktnorm Fenster und Türen sowie für seine großen Verdienste in der Normungsarbeit gewürdigt. Professor Sieberath hat im ift Rosenheim in 37 Jahren Enormes geleistet, insbesondere in den letzten 16 Jahren als Institutsleiter. Durch sein großes Fachwissen, seine Begeisterung für Technik und Forschung und seinen Ideenreichtum, aber auch durch sein Engagement in der Normung und anderen Gremien, hat er nicht nur das Institut nachhaltig geprägt, sondern die ganze Fenster- und Fassadenbranche – in Deutschland, Europa und weltweit. Sein Nachfolger wird ab Januar 2020 Prof. Jörn P. Lass, der seit über 30 Jahren in der Fenster- und Fassadenbranche tätig ist – davon 14 Jahre in verschiedenen Führungsaufgaben im ift Rosenheim und zuletzt 5 Jahre an der Technischen Hochschule Rosenheim als Studiengangleiter der Studienrichtung "Gebäudehülle".


Nach der Begrüßung durch den neuen Vorstandsvorsitzenden des ift Rosenheim Oskar Anders, berichtete die Oberbürgermeisterin der Stadt Rosenheim Gabriele Bauer, dass der Klimawandel auch die kommunale Ebene stark beeinflusst. Bürger, Stadt und die regionale Wirtschaft müssen in innovative Energiespartechnik investieren. Als Dank für die großen Verdienste um die Entwicklung von Stadt und Region überreichte OB Bauer Prof. Sieberath die Verdienstmedaille der Stadt Rosenheim. Neben dem Einführungsvortrag von Prof. Ulrich Sieberath setzten die Vorträge "Architektur aus dem 3D-Drucker" (Moritz Mungenast, TU München gemeinsam mit Prof. Jörn P. Lass, TH Rosenheim), "Energiewende im Gebäudesektor" (Dominik Rau, Prognos AG),






Quelle: ift Rosenheim
"Klimawandel – Warum uns Nichtstun teuer zu stehen kommt" (Prof. Dr. Claudia Kemfert, DIW), "Innovationen im Fenster- und Fassadenbau" (Prof. Dr. Winfried Heusler, Schüco und Prof. Christian Niemöller, SMNG) und "Der europäische Fenstermarkt – Gewinner und Verlierer (Martin Langen, B+L Marktdaten) wichtige Akzente für Innovationen und strategische Ausrichtung. Vorträge zu Praxisthemen aus Technik und Normung boten wertvolle Praxistipps für das operative Geschäft, beispielsweise zu "DIN EN 17037 – Tageslichtnorm" (Dr. Jan de Boer, IBP), "Absturzsichernden Fenstern mit Öffnungsbegrenzern" (Manuel Demel, ift), "DIN 18008 aktuell" (Frank Lange, VFF und Jochen Grönegräs, BF) oder "Die (R)evolution in der Fenstermontage" (Wolfgang Jehl, ift). Der gelungene Festabend mit einem bunten Mix aus bayerischem Brauchtum und der Themenparty "Superhelden" trug ebenfalls zum Erfolg der 47. Rosenheimer Fenstertage bei. Nachfolgend gibt es Details zu einigen Vorträgen.

In seinem Eröffnungsvortrag "Fenster for Future" zeigte Prof. Sieberath, welche technischen, gesellschaftlichen und politischen Trends die Fensterbranche u.a. beeinflussen werden:


Die anhaltende Nachfrage nach sozialem Wohnraum und kleinteiligen Gebäuden in der Nachverdichtung bedingt multifunktionale Fenster mit höherem Lärmschutz.

Der zunehmende Mangel an Fachkräften und Baustoffen zwingt zu flexiblen Lösungen, beispielsweise einer Vereinfachung der Systeme und der Montage sowie zu Schulungskonzepten für fachfremde Arbeitskräfte und Zuwanderer.

Die Folgen des Klimawandels mit Hitzewellen, Überflutungen, Tornados oder Hagelstürmen erfordern neue Konstruktionen und Materialien. Insbesondere der sommerliche Wärmeschutz und der Einsatz von gesteuerten Fenstern stehen verstärkt im Fokus.

Die jetzt beschlossenen Maßnahmen im Klimagesetz der Bundesregierung werden nicht reichen, um im Gebäudesektor bis 2030 min. 45 Mill. Tonnen CO2 einzusparen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass nach der Bundestagswahl 2021 die Anforderungen verschärft und die steuerliche Abschreibung verbessert werden, damit Milliardenzahlungen an die EU wegen verfehlter Klimaziele vermieden werden. Im technischen Bereich werden die Verwendung von Vakuum-Isolierverglasung sowie die intelligente Steuerung von Sonnenschutz und Fenstern zunehmen. Katastrophen mit Starkregen und Überflutungen sind ja fast schon normal. Aber dass Hitzewellen zur Deformation und Zerstörung von Bauelementen mit dunkler Farbe führen, oder Fenster für Staubstürme bislang nur bedingt geeignet sind, ist für viele neu. Die daraus erwachsenden Anforderungen können mit flexiblen, modularen und adaptiven Systemen am besten erfüllt werden. Auch die neuen digitalen Produktionsmethoden helfen dabei, der wachsenden Komplexität von Fenstern bei der Planung und Ausführung zu begegnen. Das fällt größeren Unternehmen leichter – kleine und mittelständische Betriebe müssen sich in Netzwerken organisieren. Der Prozess der Fenstermontage kann durch Montagezargen vereinfacht und qualitativ verbessert werden. Das wurde auch von 52 % der Teilnehmer in der Saalfrage so gesehen.


Ihren Vortrag "Klimawandel: Warum uns Nichtstun teuer zu stehen kommt" eröffnete Prof. Claudia Kemfert (DIW, Berlin) mit der dringlichen Botschaft "Die Temperaturerhöhung kommt schneller als die Wissenschaftler erwartet haben". Nach dieser dramatischen Information begann sie Schritt für Schritt die Konsequenzen anhand der drei Dimensionen Schäden, Anpassungen und Strukturänderungen vorzustellen. Die Gesundheit wird durch Hitzewellen, Stürme, Überschwemmungen sowie neue Erkrankungen gefährdet, die sonst nur in wärmeren Gegenden vorkommen. Die Land- und Forstwirtschaft kämpft mit verringerten Ernteerträgen, abnehmender Ertragssicherheit durch erhöhte Klimavariabilität, Waldbrandgefahr sowie mit erhöhter Anfälligkeit nicht standortgerechter Baumarten. Die Biodiversität ist durch die Reduzierung der Artenvielfalt in Gefahr. Auch die Energiewirtschaft wird durch fehlende Kühlung bei Niedrigwasser oder Beschädigung der Stromnetze durch Eis und Sturm beeinträchtigt. All dies führt zu exponentiell steigenden Kosten für Reparaturen, durch Versicherungsschäden oder Finanzkrisen durch Spekulationen. Diese Kosten sind um ein Vielfaches höher als die Maßnahmen zum Klimaschutz und steigen ab 1,5 °C exponentiell an. Bei 5 °C betragen diese je nach Berechnungsmethode zwischen ca. 9 % (Kemfert) und ca. 14 % (Stern) des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bei einem BIP von ca. 84,7 Billionen US-Dollar (IWF) wären das pro Jahr immerhin zwischen 7,6 und 11,9 Billionen US-Dollar. Dies ist damit deutlich höher als das deutsche BIP von ca. 4 Billionen US-Dollar. Im Gegenzug könnte man mit 1 bis 3 % des BIP wirksamen Klimaschutz betreiben, der eine Begrenzung der Temperaturerhöhung auf 1,5 °C sichern würde. Gleichzeitig könnte die deutsche Wirtschaft profitieren, denn Technologien zur regenerativen Energieerzeugung und Effizienzsteigerung sind die zukünftigen "Exportschlager". "Klimaschutz ist bezahlbar und schafft wirtschaftliche Chancen", so Kemfert. Dies gilt auch für die deutsche Fenster- und Fassadentechnik, die weltweit führend ist und von Frau Kemfert als "Doppelter Gewinner" bezeichnet wurde. Denn moderne Bauelemente können die CO2-Emissionen von Gebäuden reduzieren und gleichzeitig vor den Folgen schützen. Mit jedem weiteren Jahr des politischen Zögerns und Wartens werden diese Chancen aber verspielt. "Deutschland hat einen Modernisierungsstau und braucht eine ökologischere Wirtschaftspolitik", so Kemfert. Dies muss auch stärker im Gebäudesektor erfolgen, beispielsweise durch eine Steigerung der Gebäudesanierung durch steuerliche Förderung oder Anreizprogramme für mehr Photovoltaik auf deutschen Dächern. Mutige Unternehmer können aber jetzt schon aktiv werden und damit erfolgreich sein.


Den zweiten wichtigen Vortrag zum Klimawandel hielt Dominik Rau (Prognos AG) mit dem Titel "Energiewende im Gebäudesektor – Einfluss europäischer Regelwerke auf zukünftige deutsche Maßnahmen". Generell steht der Kampf gegen den Klimawandel auf den beiden Säulen "Energieeffizienz" und "regenerative Energiegewinnung". Rau machte sehr deutlich, dass die jetzigen Maßnahmen nicht ausreichen. Selbst die in Paris beschlossenen Maßnahmen führen zu einer Temperaturerhöhung von 3,5 °C; die gerade in Deutschland beschlossenen Maßnahmen liegen noch deutlich hinter den Pariser Zielen. Die regenerative Energieerzeugung ist zwar auf einem positiven Weg, aber der Gebäudesektor hinkt deutlich hinterher, da die Sanierungsquote und der Ausbau der Photovoltaik stagnieren. Auch das geplante Gebäudeenergiegesetz (GEG) enthält keine weitere Steigerung der energetischen Anforderungen. "Gebäude müssten aber heute schon beim Neubau und der Sanierung den KfW-Standard 40 erreichen, um für 2050 den geplanten durchschnittlichen Energieverbrauch von 50 kWh/(m²a) zu erreichen." Das was heute unzureichend saniert wird, wird für die nächsten 30 Jahre "zementiert", weil der Sanierungszyklus bei der Gebäudesubstanz bei ca. 40 bis 50 Jahren liegt. Zudem sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, von 2021 bis 2030 die kumulierten Endenergieeinsparungen jährlich um 0,8 % zu verbessern. "Aufgrund drohender Strafzahlungen von Deutschland in Milliardenhöhe werden die Anforderungen steigen" so Rau. Eine Verteuerung der Energiekosten würde auch die Wirtschaftlichkeit von Wärmedämm-Maßnahmen verbessern. Konkret empfiehlt Rau eine deutlich höhere CO2-Bepreisung, höhere Anforderungen für Bestand und Neubau, Betriebsverbote zunächst für Öl- und später auch für Gasheizung, mehr Anreize für Handwerker zum stärkeren Einsatz erneuerbarer Wärmeerzeuger sowie eine vereinfachte Förderlandschaft.


In seinem Vortrag "Neue europäische Tageslichtnorm DIN EN 17037 – Müssen Fensterflächen größer werden?" stellte Dr. Jan de Boer (IBP) die Auswirkungen auf Fenster, Fassaden und Sonnenschutzsysteme vor. Die Norm löst in Deutschland die bisherige DIN 5034 ab und ist ein gutes Planungswerkzeug. Es unterstützt Gebäudeplaner, aber auch Fensterhersteller, damit Räume möglichst gut und lange mit Tageslicht versorgt werden (Tageslichtautonomie). Die Norm enthält ein vereinfachtes Berechnungsverfahren für die Beleuchtungsstärke unter Verwendung von Tageslichtquotienten auf der Bezugsebene sowie ein Verfahren unter Verwendung von Klimadaten für den gegebenen Standort. Eine gute Beleuchtung ist gegeben, wenn 50 % des Raumes in 50 % der Tageslichtstunden (4380 h) mit der Zielbeleuchtungsstärke ET erhellt werden. Für die Mindestbeleuchtungsstärke ETM gilt, 95 % des Raumes bei 50 % der Tageslichtstunden.??

Die Empfehlungen erfolgen in vier Bewertungsstufen. Für Tageslichtöffnungen (Fenster, Glas etc.) in vertikalen und geneigten Flächen gibt es eine Einstufung der Zielbeleuchtungsstärke ET in gering (300 lx), mittel (500 lx) und hoch (750 lx). Für die Mindestbeleuchtungsstärke ETM sind dies analog 100/300/500 Lux. Der Nachweis wird über einen variablen Tageslichtquotienten DT geführt, der vom Klima und dem geografischen Breitegrad abhängig ist. Hierbei wird die Zielbeleuchtungsstärke ins Verhältnis zur mittleren diffusen Beleuchtungsstärke im Außenbereich (Ev,d,med) gesetzt. In Deutschland sind dies 13.900 lx. Für die Stufe "gering" ergibt sich dies zu 2,2 % (DT=ET/Ev,d,med= 300lx/13900lx).

Im Vergleich liegen die Empfehlungen über den Mindestanforderungen der bisherigen DIN 5034. Als Auswirkung auf Fensterflächen lässt sich erkennen, dass eine gute Einstufung tendenziell nur mit größeren Fensterflächen erreichbar ist, und die Mindestanforderungen oft schwerer zu erfüllen sind.

Neben der Beleuchtungsstärke (Lux, lx) werden auch Kenngrößen wie Aussicht, Besonnung und Blendschutz zur Bewertung einbezogen. Die Aussicht ist abhängig von der Nachbarbebauung und vom Sichtwinkel (Fenstergröße) und sollte min. die Landschaftsebene enthalten. Bei der Einstufung "hoch" sollten zusätzlich auch der Himmel und der Boden sichtbar sein. Die Besonnung ist vom Sonnenstand, der Bezugsebene und von der Bebauung abhängig und sieht bei niedrigem Sonnenstand folgende Einstufungen vor: gering (1,5 h), mittel (3,0 h) und hoch (4,0 h). Eine Beeinflussung ist möglich durch die Gebäudegeometrie, Auskragungen oder die Fensterleibung. Die Fenstergröße geht nicht in die Bewertung ein. Die Kenngröße für die Blendung ist die Tageslichtblendungswahrscheinlichkeit DGP (Daylight Glare Probability), die sich mit Simulationsprogrammen bestimmen lässt. Die Empfehlungen sind für gering (0,45), mittel (0,40) und hoch (0,35). Es gibt ein vereinfachtes Verfahren, das für schließbaren, außenliegenden Sonnenschutz (Jalousien, Lamellen-Fensterläden, Rolläden etc.) für DGP einen pauschalen Wert von 0,35 zuweist. Die DIN EN 17037 unterstreicht die Erfordernis von Blendschutz, denn spezielle Verglasungen reichen im Allgemeinen nicht aus. Als erster Einstieg in die Tageslichtplanung ist der kostenlose Leitfaden hilfreich. Download unter www.initiative-tageslicht.de


Zwei weitere aktuelle und heiß diskutierte Sicherheitsthemen waren der Einsatz von Öffnungsbegrenzern bei absturzsichernden Fenstern und die Verwendung von Sicherheitsgläsern (ESG und VSG) gemäß DIN 18008.

Manuel Demel (ift) stellte in seinem Vortrag "Bewertung von absturzsichernden Fenstern mit Öffnungsbegrenzern" ein praxistaugliches ift-Prüfverfahren für Öffnungsbegrenzer vor. Absturzsichernde Fenster geraten generell immer stärker in den Fokus der Bauaufsicht; Öffnungsbegrenzer in diesem Anwendungsbereich sind ein ungeregeltes Bauprodukt. Der Unterschied ergibt sich, wenn der Öffnungsbegrenzer aus einem "Komfortbauteil" nach EN 13126-8 ein Sicherheitsbauteil wird, das durch die Begrenzung der Öffnungsweite ein Abstürzen verhindern soll. Deshalb muss hier das Gesamtsystem aus Beschlag, Position im Fenster und Verschraubung betrachtet werden. Das ift-Prüfverfahren umfasst einen Pendelschlagversuch mit dem Zwillingsreifen (50 kg, Fallhöhe 900 mm), eine Dauerfunktionsprüfung (20.000 Zyklen mit 350 N Zugkraft und einer Bezugsgeschwindigkeit v = 0,5 m/s) sowie den Ausschluss der vorsätzlichen Demontage durch Anwender (Manipulation als manueller Angriff mittels Kleinwerkzeugen, ähnlich dem Einbruchversuch). Damit bietet das Prüfverfahren dem Fensterhersteller, der letztlich für die Sicherheit verantwortlich ist und haftet, Sicherheit in der bauaufsichtlichen Anwendung und bei Zustimmungen im Einzelfall (ZiE).


Zu den Anforderungen bezüglich des Einsatzes von Sicherheitsglas gemäß der Glasnorm DIN 18008, gaben Frank Lange (VFF) und Jochen Grönegräs (BF) Empfehlungen, wie die unscharf formulierten Aussagen der Norm zu interpretieren sind. Gemeint ist der § "5.1.4 Werden auf Grund gesetzlicher Forderungen zur Verkehrssicherheit Schutzmaßnahmen für Verglasungen erforderlich, kann dies beispielsweise durch Beschränkung der Zugänglichkeit (Abschrankung) oder Verwendung von Gläsern mit sicherem Bruchverhalten erfüllt werden. Es wird auf § 37, Abs. (2) Musterbauordnung (MBO) bzw. die entsprechende Umsetzung in Landesrecht verwiesen." § 37, Abs. (2) MBO fordert: "Glastüren und andere Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, sind so zu kennzeichnen, dass sie leicht erkannt werden können. Weitere Schutzmaßnahmen sind für größere Glasflächen vorzusehen, wenn dies die Verkehrssicherheit erfordert."

Sicheres Bruchverhalten ist klar geregelt und möglich mit ESG nach DIN EN 12150-2 und DIN EN 14179-2, VSG nach DIN EN 14449 oder Glas, nachgewiesen durch Prüfung nach DIN EN 12600. Die Kernfrage ist die Auslegung des Begriffs Verkehrssicherheit. Unstrittig sind die Anwendungsfälle, in denen Sonderbauvorschriften oder Richtlinien klare Vorgaben machen, beispielsweise für Schulbauten oder Arbeitsstätten. Kritisch ist aber der große Bereich des Wohnungsbaus. Unabhängig von § 37 MBO trifft jeden Betreiber eines Bauwerks auch die generelle Verkehrssicherungspflicht (Haftung nach § 823 BGB). Das Ziel muss es sein, schwere Verletzungen durch Glasbruch zu verhindern, egal ob sich das Glas in öffentlichem oder privatem Bereich befindet.

Herausgekommen ist eine Einsatzempfehlung, die vom Bundesverband Flachglas (BF), dem Verband Fenster + Fassaden (VFF), dem Schreinerverband sowie dem Bundesverband Metall herausgegeben wird. Das Dokument zeigt eine Möglichkeit, wie die Verkehrssicherheit bei Glasflächen objektiv bewertet und durch Anwendung von Schutzmaßnahmen erreicht werden kann. Dies kann bei der Abstimmung gewünschter Schutzmaßnahmen mit dem Auftraggeber für den ungeregelten öffentlichen und privaten Bereich unterstützen. Kern des Papiers ist eine Anleitung zur Risikobewertung, die gemeinsam mit dem Planer oder Bauherren abzustimmen ist. Denn die Entscheidung für oder gegen den freiwilligen Einsatz von Sicherheitsglas liegt letztendlich beim Bauherrn.



Infos zu allen weiteren Referenten und Vorträgen finden sich auf www.fenstertage.de