Selbstheilende Lacktechnologie von ADLER: (04/28/2016 07:00:00 AM)

"So etwas gelingt vielleicht alle 10 Jahre"
Auf der Fensterbau Frontale in Nürnberg hat der österreichische Lackhersteller ADLER eine revolutionäre Technologie vorgestellt: "SH-Technology" nennt das Unternehmen die Innovation, die im hauseigenen Forschungslabor entwickelt wurde. Damit lassen sich Folgeschäden bei Oberflächenverletzungen verhindern. Deshalb steht SH für selbstheilend: Verletzungen (etwa durch Hagelschlag) werden versiegelt und es kommt nicht zu Abblättern, Blasenbildung oder Gerbsäureaustritt.
Im Interview erklärt Dr. Albert Rössler, Leiter Forschung & Entwicklung bei ADLER, wie die Technologie funktioniert.

Dr. Rössler, wie kam es zur Entwicklung der SH-Technology?
Die Basistechnologie, die diesen Selbstheilungsmechanismus ermöglicht, beruht auf winzigen Alleskönnern, den Mikrokapseln. Dadurch eröffnet sich uns der intelligente Weg, spezielle Inhaltsstoffe gezielt zum gewünschten Zeitpunkt im Lack freizusetzen. Daran forschen wir schon seit Jahren. Angefangen hat das mit einem staatlich geförderten Projekt, bei dem ADLER mit dem Frauenhofer Institut IFAM in Bremen kooperiert hat. Die Ergebnisse haben wir auch gemeinsam patentiert.

Allerdings sind Kapseln das eine, aber der Lack ist das andere. Die Kapseln müssen sozusagen die Strapazen des Lackiervorgangs überstehen, jahrelang in der Lackschicht stabil bleiben, auf verschiedenen Hölzern funktionieren und dauerhafter Bewitterung standhalten. Wir haben tausende Praxisversuche gemacht, bis wir dort waren, wo wir heute sind.

Da gibt es wahrscheinlich auch den ein oder anderen Rückschlag, oder?
Natürlich! Bei so grundlegender Forschung sind Rückschläge vorprogrammiert, deshalb ist es auch nicht üblich, dass Unternehmen selbst diese Forschung betreiben. Aber ADLER ist ein Familienbetrieb, der solche Entscheidungen fällen kann. Die Geschäftsführung hat an das Projekt geglaubt und wir hatten viele Leute im Team, die es mit Leidenschaft umgesetzt haben. Ein großes und über die Jahre sich immer wieder flexibel nach Bedarf interdisziplinär zusammensetzendes Team hat daran gearbeitet. Es entstanden auch Masterarbeiten zu dem Thema und wir haben mit Hochschulen kooperiert. Am Ende hat sich der Aufwand gelohnt.

Und wie funktioniert die SH-Technology ganz genau?
Es handelt sich um Mikrokapseln, die im Lack enthalten sind. Man muss sich die vorstellen wie einen mit Wasser gefüllten Ballon. Wenn die Oberfläche durch Hagelschlag oder ähnliches verletzt wird, brechen die Kapseln auf. Ihr Inhalt, der übrigens großteils aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, tritt aus und versiegelt die Verletzung. Folgeschäden entstehen also gar nicht erst: kein Austreten von Holzinhaltsstoffen, kein Abblättern, keine Blasenbildung.

Sie können sich das ein bisschen vorstellen wie eine Wunde, die sauber vernarbt, anstatt sich zu entzünden.

Interessant, aber "selbstheilende Oberflächen" – irgendwie hat man das schon gehört.

Was ist einzigartig an der SH-Technology von ADLER?
Bis jetzt existierte so etwas ansatzweise im Bereich Korrosionsschutz und für Kunststoffe. ADLER hat die Selbstheilung sozusagen auf’s Holz und in die Praxis gebracht. Unser Hauptthema ist der Werkstoff Holz und jetzt ist es uns gelungen, das nachhaltige Holzfenster langlebiger und dauerhafter zu machen und damit gegenüber Kunststoff beispielsweise wettbewerbsfähiger. Darauf sind wir sehr stolz.

Langlebiger und dauerhafter – heißt das nicht, Sie verkaufen am Ende weniger Lack?
Auch Nachhaltigkeit ist ein Unternehmensziel und bei ADLER ein sehr wichtiges.

Es gibt also schon ein konkretes Produkt mit SH-Technology?
Ja, das Interessante ist natürlich der Schritt von der Forschung zur Marktfähigkeit: Wie sieht die Rohstofflage aus? Können wir das überhaupt produzieren? Erst dann ist etwas eine wirkliche Innovation. Wir haben bereits eine pigmentierte, deckende Zwischenbeschichtung, mit der wir sehr bewusst und selektiv in den Markt einsteigen werden.

Wird es bei diesem einen Produkt bleiben oder wie sieht die Zukunft aus?
Nein, bei unserer SH-Technology handelt es sich eindeutig um eine Basistechnik. So etwas gelingt vielleicht alle 10 Jahre und wir werden in Zukunft darauf aufbauen. Die nächsten Schritte sind ein farbloses Fenstersystem und entsprechende Produkte auch für Holzfassaden.
 
 

Dr. Albert Rössler, Leiter Forschung & Entwicklung ADLER-Werk Lackfabrik.


Er zeigt ein Muster mit SH-Technology (links) im Vergleich zu einem Muster mit üblichen Folgeschäden ohne den Selbstheilungsmechanismus.


"Man macht 1000 Versuche und einer funktioniert dann.” Davon zeugen unzählige Muster im Zentralen Entwicklungslabor der ADLER-Werk Lackfabrik.


Der Hagelschlag trifft auf die Oberfläche.
ADLER_SH_Kapseln.jpg: Die Mikrokapseln brechen dadurch auf…


…das SH-Fluid tritt aus und versiegelt die Verletzung. Folgeschäden werden so verhindert.

(Fotohinweis: ADLER):
Produzieren werden wir diese Produkte in der derzeit entstehenden Wasserlack-Fabrik, nach modernster modularer Fabrikationsweise. Verfahrensinnovation und Produktinnovation gehen also Hand in Hand, das untermauert ADLERs Status als Innovationsführer.
Herr Dr. Rössler, wir danken für das Gespräch.

Weitere Informationen:
http://www.adler-lacke.com/at/service-ratgeber/adler-tv/
https://www.youtube.com/watch?v=5BQrMODQ_R0


ADLER – In unseren Adern fließt Farbe
Mit über 500 MitarbeiterInnen ist ADLER Österreichs führender Hersteller von Lacken, Farben und Holzschutzmitteln. 1934 von Johann Berghofer gegründet, wird das Familienunternehmen heute in der dritten Generation geführt. Rund 15.000 Tonnen Lack verlassen jährlich das Schwazer Werk und gehen an Kunden in über 25 Ländern weltweit. Eigene Vertriebsgesellschaften hat ADLER in Deutschland, Italien, Polen, der Schweiz, Tschechien und der Slowakei. www.adler-lacke.com