Große Scheibenzwischenräume sind machbar! (11/19/2015 07:00:00 AM)

ift-Forschungsprojekt zeigt Wege zum druckentspannten Isolierglas (DEMIG)

Zunehmende energetische Ansprüche an Fenster und Verglasung sowie der Wunsch, Sonnenschutzsysteme in den Scheibenzwischenraum zu integrieren, erfordern Isoliergläser mit größeren Scheibenzwischenräumen. Die Physik setzt jedoch enge Grenzen, denn ein größerer Scheibenzwischenraum führt zu höheren Klimabelastungen der Scheiben und des Randverbundes und damit zu Glasbruch und Undichtigkeit. Können konstruktive Änderungen von Isolierglas diese Beschränkungen aufheben? Ist eine Druckentspannung von Isoliergläsern technisch realisierbar? Das ift Rosenheim liefert Antworten in einem gerade abgeschlossenen Forschungsprojekt.

Konventionelles, hermetisch abgeschlossenes Isolierglas ist durch konstruktionsbedingt auftretende Klimalasten hinsichtlich der Bautiefe begrenzt. Größere Scheibenzwischenräume, die für zukünftige Entwicklungen wünschenswert wären, führen zu erhöhten Belastungen des Randverbundes und der Glasscheiben und damit zu Glasbruch und Undichtigkeit. Um dies auszuschließen, müsste der Scheibenzwischenraum (SZR) an den äußeren Luftdruck angekoppelt werden, um die Klimalasten auszuschalten. Eine solche Konstruktion wird auch als druckentspanntes Isolierglas (DEMIG) bezeichnet.

Vorteile eines Druckausgleichs zwischen dem SZR und der Umgebung sind:
  • Leichtere Integration von Bauteilen jeglicher Art in den SZR (z. B. Sonnenschutzsysteme),
  • Realisierung von Isolierglas mit mehr als drei Scheiben ohne wesentliche Beschränkung der Scheibenabstände,
  • Größere Bautiefe und somit Verringerung der geometrischen Wärmebrücke am Baukörperanschluss,
  • Reduzierung des Wärmedurchgangskoeffizienten im Vergleich zu konventionellem Zwei- und Dreifachglas,
  • Verbesserung der Luftschalldämmung,
  • Verringerung des Glasbruchrisikos und Verlängerung der Lebensdauer,
  • Mögliche Reduzierung der Glasdicken.
 
 


Trockenmittelentnahme an einem Probekörper


Zur Dimensionierung möglicher „Systeme zum Druckausgleich“ wurde ein physikalisches Berechnungsmodell entwickelt, das in Form eines erarbeiteten Simulationstools einfach in der Praxis zu nutzen ist. Die Dauerhaftigkeit der ausgewählten Druckausgleichsverfahren wurde sowohl in Labor- als auch in Freilandversuchen untersucht.

Das Rechenmodell hat gezeigt, dass sowohl Kapillare als auch Ventile geeignet sind, eine dauerhafte Druckentspannung von Isolierglas zu bewirken. Gleichzeitig wird die Feuchteaufnahme eines Mehrscheiben-Isolierglases erheblich begrenzt. Je nach Format, Aufbau, Klimabelastung und angestrebtem Grad der Druckentspannung erscheinen für Kapillare Nutzungsdauern von über zwanzig Jahren realistisch, für Ventile sogar von vierzig Jahren.

Der ausführliche Forschungsbericht "Untersuchungen zur Umsetzbarkeit von druckentspanntem Isolierglas" kann im ift-Literaturshop (www.ift-rosenheim.de/shop) bezogen werden. Für ift-Mitglieder ist der Forschungsbericht im Forschungsarchiv des geschlossenen ift-Mitgliederbereichs kostenlos downloadbar.