Fachpressetag 2016: Wandel vom Komponentenhersteller zum Systemanbieter (12/07/2016 07:00:00 AM)

Kunden als Gewinner

Die langfristige Unternehmensstrategie der Roto-Gruppe basiert vor allem auf zwei Säulen. Ihr Fundament sind die weltweite Ausrichtung sowie der Wandel vom reinen Komponentenhersteller zum Systemanbieter in der Fenster- und Türtechnik. Das erklärte der Vorstandsvorsitzende Dr. Eckhard Keill während des 11. Internationalen Fachpressetages des Bauzulieferers. Zugleich hob er Mitte November 2016 vor rund 70 Journalisten aus 17 Ländern den „konkreten Kundennutzen als wichtigste Handlungsprämisse“ hervor. Zu welchen Ergebnissen das in der Praxis führt, machte er in Berlin besonders am Beispiel der konsequent verfolgten Systemstrategie deutlich.

Mit seiner ersten Pioniertat läutete Firmengründer Wilhelm Frank 1935 eine neue Fenster-Ära ein, erinnerte Keill an die Anfänge des Unternehmens. „Roto N“ hieß das Novum eines industriell zu fertigenden Beschlages, mit dem Fenster nicht nur zu drehen, sondern per Dreihandbedienung auch zu kippen waren. Mehrere große Entwicklungsschritte zur Realisierung von Zwei- und Einhandbedienung mündeten schließlich zur Jahrtausendwende in die Premiere von „Roto NT“. Das weltweit meist verkaufte Drehkipp-Sortiment verdanke seine „Karriere“ primär dem permanenten innovativen Ausbau zum universellen Programm mit Modulcharakter. Insofern zeige sich schon an dieser Produktfamilie das intensive Systemdenken.

Im Übrigen seien die Weichen für den heutigen Global Player-Status mit der Gründung der ersten Auslandsniederlassungen in Belgien und in den Niederlanden bereits 1954 und damit sehr früh gestellt worden. Inzwischen verfüge die Gruppe über ein dichtes weltweites Netz von Produktionsstätten und Vertriebsgesellschaften. Die daraus resultierende hohe Internationalität bewähre sich immer wieder als eine tragende Strategiesäule.

„In gute und sichere Hände“

Dazu gehörten gezielte Firmenübernahmen, die sich aber stets in das langfristige Konzept integrieren müssten. Roto realisiere die internationalen Wachstumschancen auch durch Akquisitionen, wenn sie „strategisch sinnvoll und ökonomisch vernünftig“ seien. Dabei gäben zwei Faktoren den Ausschlag. Keill nannte zum einen den regionalen Markt, in dem sich das jeweilige Unternehmen bewegt, und zum anderen sein Produkt-Know-how. Bei Firmenkäufen gehe es stets um langfristige Investments. Sie erforderten natürlich zwingend die eigene wirtschaftliche Stabilität. Genau das zeichne Roto aus, so dass Akquisitionen bisher ohne zusätzliche Fremdmittel finanzierbar gewesen seien.

Die Kunden hätten dadurch die Gewissheit, dass die übernommenen Firmen in „gute, stabile und sichere Hände kommen“. Konkret bedeute das eine nachhaltige Stärkung der Zuverlässigkeit – ein speziell in unruhigen Marktphasen sehr relevantes Element. Gleiches gelte etwa für die höhere Innovationskraft, die die Integration in den Firmenverbund mit sich bringe. Unter dem Strich schaffe die so praktizierte Akquisitionsstrategie eine „Win-win-win-Situation“ für Roto, das erworbene Unternehmen und die Kunden. Das dokumentierten fünf Beispiele aus der jüngeren und jüngsten Vergangenheit.
 
 






Konsequenter Kompetenzausbau

Durch den 2008 erfolgten Kauf des deutschen Spezialisten Gluske-BKV habe man das Ziel, die Position im Geschäftsfeld „Door“ auszubauen, „voll erreicht“. Mit dem kompletten Programm aus einer Hand könne Roto Außentüren-Produzenten alle erforderlichen, aufeinander abgestimmten Komponenten liefern. Das türtechnische Portfolio umfasse das gesamte Spektrum von Mehrfachverriegelungen über Türbänder bis zu Schwellenlösungen. Hinzu komme die durch den Erwerb bewirkte führende Position im Segment der Verglasungsklötze, die das fenstertechnische Leistungsangebot abrundeten.

Die 2012 realisierte Übernahme des kanadischen Beschlagspezialisten Fasco stellte ein wesentliches Element der Neuausrichtung in Nordamerika dar, unterstrich Keill. Die durch das Engagement angestrebte kräftige Ausweitung der Marktposition in der Region sei in mehrfacher Hinsicht gelungen. So habe sich das Sortiment des Unternehmens überwiegend auf die mittleren Marktsegmente konzentriert und damit das Roto-Portfolio „sehr gut“ ergänzt. Der Effekt: eine spürbar erhöhte Attraktivität für neue Kundengruppen in Kanada und den USA. Schließlich erleichterten es die zusätzlichen Fertigungs- und Lagerkapazitäten wesentlich, auf Kundenwünsche zeitnah zu reagieren. Roto Fasco Canada – wie die Gesellschaft jetzt heißt – fungiere als wichtiger Brückenkopf in Nordamerika und stehe für eine „besondere Akquisitions-Erfolgsstory“.

2013 stieß mit Fermax ein brasilianischer Beschlagproduzent zum Firmenverbund. Ebenso wie Fasco ermögliche das Gruppenmitglied geografisch und produktpolitisch die gezielte Bearbeitung relevanter Märkte in der ganzen Region und untermauere außerdem das generelle „Nah am Kunden“-Prinzip. Als Nummer 2 in Brasilien bringe Fermax nicht nur die für Lateinamerika nötige Fertigungs- und Sortimentskompetenz ein, sondern gewährleiste dank eines engmaschigen Vertriebsnetzes auch die flächendeckende Versorgung von Händlern und Systemherstellern.

Seit dem 1. Januar 2016 gehört die mit Gesellschaften in Deutschland, Niederlande, Polen und Russland vertretene Deventer-Gruppe zu Roto. Der führende Spezialist für Dichtprofile aus TPE (Thermoplastische Elastomere) für Fenster, Türen, Tore, Zargen und Verglasungen sei ebenfalls von erheblicher produktpolitischer Bedeutung. Bei Fenstern bildeten Dichtung und Beschlag im Grunde eine unverzichtbare Verbindung. Bei Außentüren erfahre die bisher angebotene Technikpalette durch die Dichtung der kompletten Tür eine „ganzheitliche“ Abrundung. Umfassender und kundenfreundlicher könne Systemkompetenz kaum sein, sorge sie doch vor allem in puncto Sicherheit, Zuverlässigkeit sowie Prozess- und Kosteneffizienz für wesentliche Praxisvorteile bei den Marktpartnern.

Das jüngste Investment, die auch 2016 erfolgte Übernahme der Industriesparte des dänischen Spezialisten Peder Nielsen (PN), sei ein weiteres „prägnantes Beispiel“ für die Einhaltung der entscheidenden Kauffaktoren „Regionaler Markt“ und „Produkt-Know-how“. Durch die Akquisition schließe Roto die vor allem in Skandinavien und Großbritannien wichtige Lücke bei Beschlagsystemen für nach außen öffnende Fenster. Den Kunden im skandinavischen Raum könne man dadurch als einziger mitteleuropäischer Anbieter ein komplettes Fenster- und Türtechnikportfolio liefern. Seit März 2016 kümmere sich das Geschäftsgebiet Westeuropa um die Betreuung der PN-Kunden. Darüber hinaus laufe aktuell die Integration der Fertigung in den Roto-Produktionsverbund an den Standorten Lövö (Ungarn) und Kalsdorf (Österreich) an.

Exemplarisches Nutzen-Trio

Alle geschilderten Investments, resümierte Keill, fördern den Wandel vom reinen Komponentenhersteller zum Partner für verzahnte Systemlösungen. Er ziehe die Konsequenz aus einem „logischen Befund“: Je besser die technischen Komponenten bei Fenstern und Türen aufeinander abgestimmt sind, desto geringer ist die Gefahr, dass einzelne Teile nicht über die nötige „Kompatibilität“ verfügen. Damit sinke das „Geschäftsrisiko“ etwa von Fenster- und Türenbauern erheblich. Dagegen stiegen ihre Chancen erkennbar, dem verschärften Wettbewerbs-, Preis- und Margendruck erfolgreich zu begegnen. Deshalb sei der Einsatz sicherer, qualitativ hochwertiger Systeme eine strategisch richtige Entscheidung, denn sie spare Kosten und Zeit. Parallel dazu sorge sie für mehr Schnelligkeit, mehr Kundenzufriedenheit und letztlich für mehr Wertschöpfung. Auch das veranschaulichte Keill an drei exemplarischen Lösungen.

Beispiel 1: Der kontinuierlich wachsenden Bedeutung des „barrierefreien Hauses“ würden ganzheitliche Systeme u. a. aus Sicht der ausführenden Betriebe am besten gerecht. Durch die „Alles aus einer Hand“-Kompetenz biete Roto hier Exklusivität in der Branche. Das gelte besonders für den Nullbarriere-Sektor (0 mm) bei Hauseingangs- und Terrassentüren infolge der Kombination der Bodenschwelle „Eifel TB“ mit der automatischen Bodentürdichtung „Texel“ und einem neuen Wetterschenkel. Der Trio-Verbund bilde auch die Basis für Nullbarriere-Lösungen bei Fenstertüren. Hinzu kämen dann die jeweils erforderlichen Elemente aus dem „NT“-Beschlagprogramm.

Beispiel 2: Gerade der Automatisierungstrend verlange nach funktional und optisch überzeugenden Systemeinheiten mit hohem Bedienkomfort. Diese Forderung erfülle der mit dem mechanischen Drehkipp-Beschlag „NT“ kombinierte, verdeckt liegende elektrische Kippöffnungs- und Verriegelungsantrieb „E-Tec Drive“. Durch eine Verbindung mit „E-Tec Control“-Produkten übernehme das Paket zusätzlich Steuerungs- und Kontrollaufgaben für mehr Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz im Haus.

Beispiel 3: Beschlag und Dichtung gehören neben Profil und Glas zu den vier relevanten Bauteilen beim System „Fenster“. Durch den Roto-Deventer-Entwicklungsverbund sei das Duo künftig exakt aufeinander abstimmbar. Es funktioniere und harmoniere dann also von Anfang an, ohne dass der Fensterhersteller aufwändige Tests und Prüfungen an verschiedenen Stellen absolvieren oder eine gemeinsame Problemlösung mit zwei separaten Lieferanten finden müsse. So sei gewährleistet, dass die Elemente die normativen Werte erfüllen und die vorgeschriebenen Prüfungen an akkreditierten Instituten bestehen.

Von diesen und weiteren Systemen profitierten die Kunden in vielfältiger Weise. Verzahnte Lösungen, geringere Herstellungs- und Logistikkosten und eine größere Zuverlässigkeit seien hier ebenso zu nennen wie eine gesicherte Funktionsfähigkeit, eine schnellere Abwicklung und eine vereinfachte Montage. Der Roto-Chef hielt das bilanzierend für ein „klares Gewinnerkonzept“.

Qualität auf jeder Ebene

Am Vorabend des Fachpressetages konnten sich die Journalisten am Gründungsstandort von Deventer in Berlin-Spandau mit seinen aktuell gut 70 Mitarbeitern einen „Live-Eindruck“ von der Dichtprofil-Produktion machen. Auf dem insgesamt rund 10.000 qm großen Firmengelände sind Fertigung und Lager auf über 3.000 qm untergebracht, berichtete Geschäftsführer Lüder Pflügner. Die Produktionskapazität liege bei knapp 240.000 Metern pro Tag bzw. 58,5 Mio. Metern pro Jahr. Deventer definiere sich in jeder Hinsicht als Qualitätslieferant. So sei man bereits 1994 und damit als eines der ersten Branchenunternehmen nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert worden und setze seit 2008 die europäische Norm für Dichtprofile (DIN EN 12365 1-4) um. Die ausschließliche Verwendung „hochwertiger und geprüfter Werkstoffe“ entspreche ebenso dem Selbstverständnis wie regelmäßige Qualitätstests mit eigenen Prüfeinrichtungen.

Zudem betreibe Deventer gemeinsam mit Instituten und Lieferanten eine intensive Forschung und Entwicklung. Allein 2015 seien über 180 Dichtprofile entworfen bzw. gezeichnet und dafür etwa 50 Extrusionswerkzeuge gebaut worden. Das Lieferprogramm des neuen Mitgliedes der Roto-Gruppe umfasse auch vorkonfektionierte Dichtungen, die u. a. durch ihren hohen Toleranzausgleich, ihre Alterungs-, Witterungs- und Ozonbeständigkeit sowie dadurch überzeugten, dass sie sich in Ecken verschweißen und kleben ließen. Ferner seien die von unabhängigen Instituten geprüften Profile für die automatisierte Fertigung prädestiniert und als „sehr filigrane Dichtungen“ in jeder gewünschten Farbe verfügbar.

Im Werk Berlin erfolgt die Fertigung auf 12 Linien unterschiedlicher Größe und Herstellmenge zur Tri- und Co-Extrusion. Laut Pflügner geschieht das mit insgesamt 27 Extrudern. Die mit modernen Steuerungssystemen ausgestatteten Fertigungslinien erfüllten „höchste Ansprüche an Produktivität und Qualität“. Das zeige sich auch daran, dass die Ausschussquote bei Deventer weniger als 1 % betrage.