Erhöhte Wohnqualität inmitten der Stadt (04/15/2024 10:41:33 AM)

Transformation eines historischen Kasernengeländes

Im belgischen Hasselt wurde ein altes Kasernengelände zu neuem Leben erweckt. Inmitten des historischen Bestands entstand ein mit Glas ummanteltes Hochhaus mit hochwertigem Wohnraum. Das Gebäude verbindet das Beste aus zwei Welten: Attraktive Innenstadtlage kombiniert mit Wohnen inmitten eines Parks.

Der demografische Wandel und die zunehmende Zahl von Einpersonenhaushalten sowie europaweit steigende Baupreise machen es erforderlich, den klassischen Geschosswohnungsbau vor allem in Innenstädten neu zu denken. Denn zahlreiche Interessenten suchen heute Wohnraum mit guter Infrastruktur, der jedoch über übliche Wohnstandards hinaus geht. Ein gelungenes Beispiel entstand in der Limburger Hauptstadt Hasselt, im Osten von Flandern: Im Zuge der Umwidmung der Herkenrodekaserne wurde der ehemalige Exerzierplatz mit einem neungeschossigen Wohngebäude nachverdichtet. Zusätzliche Wohnqualität schufen die Planer vom Atelier Kempe Thill architects and planners über das neu gedachte Verhältnis von Wohnfläche zu Außenraum, indem sie relativ konservative Grundrisse mit sehr großen Balkonen kombinierten. Rund ein Drittel der Wohnfläche sind als individuelle Freisitze konzipiert, die sich mit gläsernen Schiebelementen in Wintergärten mit all seinen Vorzügen verwandeln lassen.

Sensible Ergänzung des ehrwürdigen Bestands
Im Jahr 2015 gewann das Planungsteam um Abscis architecten, UAU Collectiv LAND landschapsarchitecten und dem Atelier Kempe Thill architects and planners gemeinsam mit den lokalen Bauträgern Kolmont und Vestio den geladenen Wettbewerb für die Entwicklung der historischen Herkenrodekaserne im Stadtteil Refuga. Ihr Konzept überzeugte insbesondere durch den Umbau und die Nachverdichtung der innerstädtischen Blockrandbebauung. Ihr Entwurf folgt zwar dem historischen Leitbild der mittelalterlichen Stadt, ergänzt es jedoch um zeitgemäße räumliche, soziale und ökologische Aspekte. Kernstück ist ein öffentlich zugänglicher Park im Blockinneren, der über drei neue Durchgänge mit der Stadt verbunden wurde. Das vorhandene Refugium der „Schwestern der Abtei von Herkenrode“ aus der Renaissance von 1544 sowie mehrere monumentale Kasernenbauten aus dem späten 19. Jahrhundert wurden dabei sorgfältig in das neue Parkkonzept eingebettet und zum Teil zu Wohnbauten umgebaut.

„Wintergartenhaus“ als Kontrast zur Backsteinarchitektur
Um das notwendige Wohnungsangebot zu schaffen und das Grundstück wirtschaftlich auszulasten, entstand im begrünten und ruhigen Innenhof ein mit Glas ummanteltes „Wintergartenhaus“. Dessen Qualitäten zeigen sich auf mehreren Ebenen: Die offene und luftige Fassadengestaltung relativiert die große Baumasse und stört auf diese Weise nicht die Ensemble-Wirkung des Areals – trotzdem wird die Gegensätzlichkeit zum schweren, historischen Bestand betont und die räumliche Besonderheit des Parks hervorgehoben. Oliver Thill, Geschäftsführer von Kempe Thill Architekten über den Entwurf: „Die Architektur nimmt durch ihre betont horizontale Gliederung und ihre weit auskragenden, offenen Gebäudeecken maximalen Bezug auf die grüne Parklandschaft, den umschließenden historischen Bestand und den außergewöhnlichen Panoramaweitblick auf die Innenstadt von Hasselt.“

Eine weitere Stärke des Entwurfs sind frei einteilbare Geschossebenen, die es erlaubten, die Wohnungsgrundrisse und -größen erst in Zusammenarbeit mit der zukünftigen Bewohnerschaft festzulegen. Ähnlich wie bei modernen Bürogebäuden.
Möglich machte dies die Statik des Hauses. Tragende Elemente sind die Gebäudehülle und ein zentraler Erschließungskern. Abgesehen von acht ergänzenden Stützen, die teilweise mit den Leitungsschächten kombiniert wurden, gibt es innerhalb der Grundrisse keine weiteren tragenden Wände.

Urbane Architektur mit suburbanen Wohnqualitäten
Ihren besonderen Charme erhalten die rund 50 Apartments mit Wohnflächen zwischen 47 und 190 Quadratmetern durch die Wintergärten, die das gedämmte Gebäudevolumen vollständig umschließen. Diese Balkone sind an der Ost- und der Westseite 2,70 m tief, auf der Nord- und Südseite beträgt ihre Breite jeweils 1,70 m. Die jeweiligen Längen variieren je nach Wohnungsgrundriss.

Dass individuelle Außenräume bei Wohnraumsuchenden immer beliebter werden, ist nicht zuletzt auch der weltweiten Covid-Krise geschuldet. Freisitze erlauben es, sich auch in den eigenen „vier Wänden“ ungestört im Freien aufhalten zu können. Als klimatische Pufferzone verlängern vor allem Wintergärten die Outdoor-Saison um viele Monate. Jedoch müssen sie in höher gelegenen Geschossen oft enormem Winddruck standhalten. In Flandern kommt das relativ nahe gelegene Meer hinzu, das wechselhaftes Wetter bis hin zu kräftigen Winterstürmen mit sich bringt. Darüber hinaus zahlen die tiefen Balkonüberdachungen auf die Anpassung an den Klimawandel ein: Im Sommer, bei hochstehender Sonne, vermeiden sie zusätzlichen Wärmeeintrag in die Wohnräume, im Winter hingegen, bei tief stehender Sonne, reduzieren sie den Heizwärmebedarf.

Flächenbündige Glasfassaden für hohe Windlast
Als hochwertiges Schiebeelement mit geschosshoher Verglasung fiel die Wahl für die Glasfassade auf das Aluminiumsystem SL 23 von Solarlux. Denn gerade in höheren Gebäuden stellen flächenbündige Glasfassaden, die sich flexibel öffnen und schließen lassen, eine technische Herausforderung dar. Sie müssen die statischen Anforderungen ebenso erfüllen wie die gewünschten Schall-, Wind- und Wetterschutzeigenschaften mit sich bringen. Hinzu kommen ästhetische Aspekte wie filigrane Profilansichten. Projektarchitekt Oliver Thill: „Wir benötigten eine qualitativ hochwertiges Produkt, da die Anforderungen an die Glasfassade durch den enormen Winddruck sehr hoch waren“.
Das gewählte Schiebesystem wird grundsätzlich vor die Absturzsicherung montiert und lässt sich trotz relativ schwerer Einzelelemente einfach öffnen und schließen. Dazu tragen die vereinfachte Selbstöffnung und ein Softclose-Verschluss bei. Durch die integrierte Aushebe- und Ausfallsicherung werden außerdem die Sicherheitsanforderungen selbst bei hoher Windlast zuverlässig erfüllt.

Prototyp als Alternative zum Einfamilienhaus
Das Atelier Kempe Thill versteht das Wohnbauprojekt in Hasselt als einen Prototyp, der aus ihrem großen Erfahrungsschatz mit zwei vorangegangenen Sozialwohnungsbauprojekten hervorgegangen ist. Durch die Verschmelzung von urbanen und suburbanen Wohnbauqualitäten ist das Gebäude für sie ein bezahlbares Idealmodell für städtisches Wohnen, jenseits des sozialen Existenzminiums. Mit seinen großen Wintergärten, fließenden Innen-Außen-Bezügen, loftartigen Grundrissen und der hochwertigen Materialität stellt das Projekt eine echte Alternative zum allgegenwärtigen, flämischen Einfamilienhaus dar.

Weitere Informationen zum Produkt unter:
https://solarlux.com/de-de/systeme/schiebesystem-sl-23.html




 
 


Die Glasfassade verleiht dem Wohngebäude eine gewisse Leichtigkeit, wodurch die große Baumasse die neue Parkanlage nicht dominiert und der Ensemble-Charakter des historischen Bestands erhalten bleibt.



In den ersten beiden Stockwerken befinden sich Maisonette-Wohnungen, die Geschosse darüber sind eingeschossigen Apartments vorbehalten. Auf dem Dach wurden zwei Penthäuser realisiert.



Die umlaufenden Balkone sind mit bis zu 2,70 m Tiefe sehr großzügig gehalten. Sie dienen auch als Sonnenschutz, der den Wärmeeintrag im Sommer reduziert.



Das Schiebesystem SL 23 verwandelt die Freisitze im Handumdrehen in vor Witterung geschützte Wintergärten. Eine obere Aushebesicherung sorgt für maximale Sicherheit selbst bei hohen Windlasten in den oberen Etagen.



Die flexible Verglasung wurde einheitlich mit halbtransparenten Vorhängen kombiniert, die die Bewohnerschaft vor unerwünschten Einblicken schützen.



Das Gebäude ist über zwei Lifte und einem innenliegendem Treppenhaus erschlossen. Um auch den Wohnungen im EG genügend Privatsphäre zu verleihen, erhebt sich das Haus um einen halben Meter über den Park.


Bildnachweis: Ulrich Schwarz