VPB zu Fertighäusern der ersten Generation: (11/16/2017 07:00:00 AM)

Gut geschnitten und gelegen, aber mit erheblichem Sanierungsbedarf

Vor 50 Jahren waren sie hochmodern, heute stehen sie wieder zum Verkauf: die Fertighäuser der 1960er Jahre. Jeder kennt sie. Sie sind meist eingeschossig, haben einen winkelförmigen Grundriss und ein flachgeneigtes Dach. Weil sie meist auf großen Grundstücken in infrastrukturell gut erschlossener Nachbarschaft stehen, sind die Altbauten bei jungen Familien wieder beliebt. Großzügig sind in der Regel auch die Grundrisse, mit hohen Räumen, großen Fenstern und Tageslichtbad. Daraus lässt sich einiges machen. „Die Häuser haben allerdings auch ihre ganz typischen Probleme“, weiß Dipl.-Ing. Reimund Stewen, Vorstandsmitglied des Verbands Privater Bauherren (VPB) und Leiter des VPB-Büros in Köln. „Dazu gehören gesundheitsbedenkliche Baustoffe und schlechte Dämmung.“

Die ersten standardisierten Fertighäuser entstanden in der Zeit der Holzschutzmittel und frühen Dämmstoffe. Damals wurden zum ersten Mal Baustoffe seriell kombiniert und verarbeitet, die sich im Nachhinein als problematisch erwiesen haben. „Deshalb untersuchen wir heute, wenn wir im Auftrag von Kaufinteressenten ein frühes Fertighaus begutachten, immer sehr genau, ob schädliche Substanzen in den Bauteilen enthalten sind. Problematisch sind dabei vor allem Holzschutzmittel, Formaldehyd, PAKs, sprich polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, aber auch Substanzen der Dämmstoffe, beziehungsweise Schimmelpilzwachstum in Hohlräumen. Rein theoretisch kann auch eine Beplankung des Holzständers damals aus Asbest gewesen sein“, erläutert Bausachverständiger Stewen. „Finden wir diese Substanzen, müssen die Bauteile ausgebaut und saniert werden. Das ist mit größerem Aufwand verbunden und wird entsprechend teuer. Je früher Käufer das wissen, umso besser für die eigene Finanz- und Zeitplanung.“

Wie bei allen Altbauten, so kann auch beim Fertighaus der Keller Probleme bereiten. Viele Keller sind feucht, oft schlecht oder gar nicht abgedichtet. Die wenigsten Keller sind von außen gedämmt. „Besteht der Keller beispielsweise aus ungedämmtem Beton, kann es zu Kondensatbildung auf der Innenseite der Außenwände kommen“, gibt Reimund Stewen zu bedenken. „Dann müssen die Bewohner unter allen Umständen sehr gut lüften, sonst besteht die Gefahr, dass sich Schimmel bildet.“

Fertighäuser bestehen naturgemäß aus vorfabrizierten Teilen – und haben identische Schwachstellen. „Sehr oft ist im Sockelbereich der Außenwände die Dämmung verfault“, beobachtet der Bausachverständige immer wieder. Bei der Sanierung muss dann die Sockelausstattung komplett erneuert werden. „Käufer sollten sich hier nicht auf den Kauf einer solchen tickenden Zeitbombe einlassen, sondern vor dem Kauf darauf bestehen, dass der von ihnen beauftragte Sachverständige zumindest an neuralgischen Stellen die Wände öffnen darf, um zu prüfen, wie es dahinter aussieht.“

Aber selbst wenn die Dämmung im frühen Fertighaus nicht durchnässt und verfault ist, so bleibt sie in ihrer Dämmwirkung doch weit hinter dem heutigen Standard zurück. „Kaufinteressenten sollten sich bei der Besichtigung immer auch die Heizkostenrechnungen der vergangenen Jahre zeigen lassen“, rät Reimund Stewen. In der Regel ist die energetische Sanierung des Altbaus sinnvoll, muss aber gut geplant werden. In jedem Fall abgehakt werden müssen die in der Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgeschriebenen Nachrüstpflichten, wie das Dämmen der obersten Geschossdecke oder der warmwasserführenden Leitungen und Armaturen.
Nachbessern ist immer aufwändig, besonders beim Fertighaus. Am einfachsten gelingt es am Dach. Dort lohnt sich die nachträgliche Dämmung. Ob dabei auch das flachgeneigte Dach auf Stehhöhe angehoben werden kann, ist eine Frage der Statik und ob der Bebauungsplan ein höheres Dach zulässt. Aufsatteln ist bei Fertighäusern der ersten Generation in der Regel nicht möglich.

In jedem Fall erneuert werden müssen nach Erfahrung des VPB-Sachverständigen die kompletten Wasserleitungen. „Die sind nach einem halben Jahrhundert nicht mehr zu gebrauchen.“ Gleiches gilt für das Heizungssystem wie auch für die Stromleitungen, die damals deutlich bescheidener dimensioniert waren. Sie erfüllen nicht annähernd die heutigen Bedürfnisse. „Wer ein altes Fertighaus auf modernen Standard bringen möchte, der muss erheblich sanieren. Das Haus wird dabei fast in den Rohbauzustand zurückversetzt. Käufer sollten deshalb nicht schon überteuert kaufen“, rät der Experte.

Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren (VPB) e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.